Außerirdische Sonden? Astronomen beschreiben neuen SETI-Ansatz zu interstellaren Objekten

Geschrieben am 27.08.2025
von Andreas Müller

Seattle (USA) – Seit der Entdeckung des ersten interstellaren Objekts mit der Bezeichnung „1I/ʻOumuamua“ im Jahr 2017 fragen sich Forschende und Öffentlichkeit gleichermaßen: War das wirklich nur ein ungewöhnlicher Brocken aus Eis und Gestein – oder könnte es mehr gewesen sein? Eine neue Studie von US-Astronomen nimmt sich dieser Frage an und beschreibt einen neuen SETI-Ansatz auf der Grundlage interstellarer Objekte im Sonnensystem.

Künstlerische Darstellung einr außerirdischen Sonde im Sonnensystem (IIlu.).Copyright: Papafox (via Pixabay.com) / Pixabay License
Künstlerische Darstellung einr außerirdischen Sonde im Sonnensystem (IIlu.).
Copyright: Papafox (via Pixabay.com) / Pixabay License

SETI trifft auf ISOs

SETI ist längst nicht mehr nur Radioastronomie: Technosignaturen umfassen heute auch physische Hinweise auf außerirdische Technologie, darunter fallen neben Licht- und Lasersignalen auch die Suche nach künstlichen Strukturen. Auch interstellare Objekte (ISOs), wie 1I/’Oumuamua, 2I/Borisov und 3I/ATLAS, sollen zukünftig im Fokus für die Suche nach Anzeichen außerirdischer Intelligenz stehen. Diese Objekte durchqueren unser Sonnensystem in hyperbolischen Bahnen und bieten so die seltene Gelegenheit, technologische Artefakte zu entdecken – etwa aktive oder bereits ausgediente Sonden, aber auch modifizierte natürliche Objekte.

Wie das Team um James R. A. Davenport  von der University of Washington vorab via ArXiv.org beschreibt, erlaubt das Studium interstellarer Objekte die Erforschung von Materie aus weit entfernten Planetensystemen jenseits aufwändiger und kostspieliger Fern-Missionen, stattdessen aber in unserem eigenen Sonnensystem. Ein ideales Testfeld also auch für die Suche nach sogenannten Technologiesignaturen bzw. Technosignaturen.

Merkmale von fremder Technologie

In ihrem Fachartikel beschreiben die Autoren und Autorinnen vier Hauptmerkmale von ISOs, die im Hinblick auf mögliche Technosignaturen genauer untersucht werden sollten.

  • Anomale Flugbahnen und Flugverhalten: Auffällige, nicht-gravitative Beschleunigungen, etwa plötzliches Abbremsen oder Beschleunigen, ähnlich einem Raketenschub – sind starke Hinweise.
  • Spektrale oder photometrische Auffälligkeiten: Ungewöhnliche Oberflächenfarben, Polarisationseffekte oder auffällige Glanzlichter könnten auf künstliche Obermaterialien hinweisen – etwa Lacke oder Metall.
  • Form und Rotation: Eine eindrucksvoll exakt geformte Struktur – etwa extrem flache Silhouetten oder modulare Formen – könnte unnatürlich wirken. Auch konstante Helligkeit oder Rotation entlang bestimmter Achsen gelten als verdächtig.
  • Emissionen und Transmissionssignale: ISOs sind nahe genug, dass Radiosignale oder Laserstrahlen auch bei geringer Sendeleistung durch SETI-Instrumente nachweisbar wären. Simulationsplots zeigen, wie typische Signalverläufe bei veränderlicher Geschwindigkeit aussehen müssten – idealerweise zur Perihelpassage oder bei maximaler Erdnähe.

Der Plan für die Zukunft

Obwohl etwa ʻOumuamua einige merkwürdige Eigenschaften aufzeigte (u. a. unerwartete Beschleunigung, flache Form) fehlen bislang eindeutige Beweise dafür, dass eines der bislang erst drei als solche interstellaren Besucher erkannten Objekte (ʻOumuamua, Borisov und Atlas) technologische Sonden waren. Nicht zuletzt wurden die Objekte zu kurzfristig entdeckt, um sie noch vor ihrem Weiterflug genauer untersuchen zu können. Doch mit den kommenden Beobachtungsinstrumenten wie dem Vera C. Rubin Observatory (LSST) werden Astronomen in den kommenden Jahren wahrscheinlich jedes Jahr neue interstellare Objekte entdecken.

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Studie fordert Forschungsprogramm

Im Falle erwarteten Detektion weiterer ISO in naher Zukunft fordern die Autorinnen und Autoren der Studie ein sofortiges Standardprogramm zur Untersuchung dieser Objekte auf mögliche Technosignaturen.

So solle mit optischen Teleskopen etwa Farbe und Form der Objekte untersucht, mit Radioteleskopen nach möglichen Signalen gefahndet, mit Infrarotteleskopen nach künstlichen Abwärme-Signaturen gesucht und mittels Radar detaillierter Bilder erstellt werden. Je schneller die Koordination nach einer Neuentdeckung erfolgt, desto besser lassen sich solche Objekte in Echtzeit verfolgen, so die Studie.

Vorsicht vor falschen Signalen

Zugleich warnen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch vor falschen Signalen. Und tatsächlich gibt es für zahlreiche künstlich wirkende Phänomene auch natürliche Alternativerklärungen: So können Gasstrahlen eines Kometen Bewegungen erzeugen, die wie ein Antrieb erscheinen. Auch ungewöhnliche und sogar geometrische Formen können (wenn auch in begrenztem Maße) natürlich entstehen. Entscheidend sei deshalb die Sorgfalt in der Auswertung – nur unabhängige Bestätigungen aus mehreren Datenquellen können am Ende den Unterschied machen.

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Recherchequelle: ArXiv.org

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