Neue Analyse alter Daten: Wow!-Signal war schmaler, stärker und nicht allein

Geschrieben am 26.08.2025
von Andreas Müller

Arecibo (Puerto Rico) – Am 15. August 1977 sorgte die Detektion eines ungewöhnlichen Radiosignals aus dem All bei dem SETI-Astronomen Jerry R. Ehman für derartiges Staunen, dass er einen Ausdruck des Signals mit dem schriftlichen Kommentar „Wow!“ versah. Seither rätseln Astronomen, worum es sich gehandelt haben könnte. Eine neue Analyse der alten Daten zeigt nun: Das Signal war noch stärker und schmaler als bislang gedacht – und: Es gab zwei weitere Wow-Signale.

Der Datenausdruck des Astronoms Jerry R. Ehman mit dessen handschriftlicher und für das Signal namensgebender „WOW“-Notiz vom 15. August 1977. Copyright: Big Ear Radio Observatory and North American AstroPhysical Observatory (NAAPO)
Der Datenausdruck des Astronoms Jerry R. Ehman mit dessen handschriftlicher und für das Signal namensgebender „WOW“-Notiz vom 15. August 1977.
Copyright: Big Ear Radio Observatory and North American AstroPhysical Observatory (NAAPO)

Wie das Team um Abel Méndez vom Planetary Habitability Laboratory an der University of Puerto Rico in Arecibo aktuell vorab via ArXiv.org berichtet, beruht die neue Analyse auf bislang unveröffentlichten Archivdaten des Ohio-SETI-Projekts, an dem damals das Signal mit der später einem Golfplatz gewichenen „Big Ear Telescope“ empfangen wurde. Auf diese Weise konnten die Forschenden nun präzisere Angaben zur Position bzw. Herkunftsrichtung, Intensität und Frequenz des Signals von 1977 ermitteln.

Hintergrund
Es war der 15. August 1977 als Radioastronomen am Big-Ear-Teleskop an der Ohio State University (s. Abb.) ein starkes Radiosignal aus dem all empfingen. Das Signal auf 1420 Megahertz war derart stark, dass der Astronom Jerry Ehman auf dem Ausdruck der Daten schriftlich den Hinweis „Wow!“ vermerkte (s. Abb. o.).

1420 Megahertz entspricht dabei der Wellenlänge von Wasserstoffatomen von 21 Zentimetern und damit genau jener Hauptfrequenz, die von Astronomen bei der Suche nach intelligenten außerirdischen Signalen (Search for Extraterrestrial Intelligence, SETI) bevorzugt absuchen, da es sich bei Wasserstoff um das im Universum am häufigsten vorkommende Element handelt, das Energie sowohl absorbiert und aussendet und diese Frequenz zudem erdähnliche Atmosphären am einfachsten durchdringen kann.

Trotz intensiver Bemühungen blieb seither die Suche nach wiederholten Signalen der gleichen Quelle ergebnislos. Während Analysen des Signals Satelliten und eine Reflektion von der Erdoberfläche ausschließen, hoben Kritiker einer irdischen Deutung schon immer hervor, dass die Intensität des Signals während der Beobachtungsdauer von 72 Sekunden anstieg und wieder abfiel. Diese 72 Sekunden entsprechen genau der Zeitspanne, über die das „Big Ear“ aufgrund seines Sichtfeldes und der Erdrotation ein Objekt verfolgen konnte. Das Signal scheint also tatsächlich aus dem Weltraum gekommen zu sein.

Neue Auswertung alter Daten

Laut der neuen Studie kann der Ursprung des Signals nun auf eine präzisere Position eingegrenzt werden – zwei enge Himmelsregionen in der Rektaszension 19h25m02s ± 3s bzw. 19h27m55s ± 3s und Deklination –26°57′ ± 20′ (J2000). Früheren Schätzungen hierzu waren weit unschärfer.

Auch die Signalstärke wurde neu berechnet: Mit über 250 Jansky (Jy) war das „Wow!“-Signal intensiver als bisher angenommen und damit außergewöhnlich hell im Radio­spektrum.

Die Frequenz des  „Wow!“-Signals lag bei 1420,726 MHz und damit etwas höher als bisherige Auslesungen der alten Datensätze. Diese „neue“ Frequenz weist nun auf eine hohe Radialgeschwindigkeit der Quelle hin — rund –84 km/s relativ zur Sonne bzw. –74 km/s im galaktischen Bezugsrahmen.

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Astrophysikalischer Ursprung wahrscheinlicher als Störung

Anhand der neuen Daten kommen die Forschenden zu dem Schluss, dass es sich bei dem Signal mit ziemlicher Sicherheit um ein Signal mit astrophysikalischem Ursprung handelte. Also nicht um ein unerkanntes irdisches Störsignal (RFI) wie TV-Sendungen, Satelliten oder vom Mond (der damals auf der anderen Erdseite stand) reflektiertes sonstiges künstliches Signal. Deren Eigenschaften passen weder zur Frequenz noch zum Beobachtungsprofil des Wow!-Signals. Auch wurde das Signal damals nicht synchron von beiden Antennen des Teleskops empfangen, was auf eine klare Himmelsbewegung der Quelle belegt.

Alte Daten offenbaren zwei weitere Wow!-Signale

Alternativ zu einem künstlichen Signal einer außerirdischen Zivilisation halten die Forscher jedoch weiterhin eine kompakte, kalte Wasserstoff-Wolken für eine mögliche Erklärung (…GreWi berichtete https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/doch-keine-aliens-arecibo-astronomen-praesentieren-erklaerung-fuer-das-wow-signal20240815/) Tatsächlich offenbarte die Neuanalyse zwei weitere ähnliche, aber weniger intensive Signale („Wow2“ und „Wow3“) in den Archivdaten. Auch diese könnten, so der aktuelle Fachartikel, möglicherweise mit derartigen kosmischen Wasserstoff-Wolken erklärt werden.

Weitere Wow-Signale: Zwei Schmalband-Signale in den Ohio-SETI-Daten aus dem Januar 1978, bezeichnet als Wow2 (l.) und Wow3 (r.). Diese Signale ähneln dem ursprünglichen Wow!-Signal, weisen jedoch eine deutlich geringere Intensität auf und stammen aus anderen Himmelsregionen. Sie wurden hier vom Ohio-SETI-Team identifiziert und markiert.Quelle: Méndez et al., ArXiv.org 2025
Weitere Wow-Signale: Zwei Schmalband-Signale in den Ohio-SETI-Daten aus dem Januar 1978, bezeichnet als Wow2 (l.) und Wow3 (r.). Diese Signale ähneln dem ursprünglichen Wow!-Signal, weisen jedoch eine deutlich geringere Intensität auf und stammen aus anderen Himmelsregionen. Sie wurden hier vom Ohio-SETI-Team identifiziert und markiert.
Quelle: Méndez et al., ArXiv.org 2025

Neue Hinweise für zukünftige Suche nach weiteren Wow!s

Die deutlich präzisiertere Lokalisierung des Signals könnte zukünftige zielgerichtetere Beobachtungen zielgerichteter möglich machen. Bisher waren Suchprogramme oft zu diffus angesetzt – die neuen Koordinaten bieten nun einen engeren Fokus. Zudem stärkt die hohe Signalintensität die Hoffnung, dass vergleichbare Ereignisse mit modernen Instrumenten erfasst werden könnten.

Trotz der verbesserten Datenlage bleibt die Frage nach der Natur der Quelle aber weiterhin offen: War es ein astrophysikalischer Masersimpuls, eine Wasserstoffwolke oder doch etwas völlig Unbekanntes? Die Forscher betonen, dass nur eine gezielte Suche mit heutigen Radio­spektrographen neue Klarheit bringen kann. Die nun vorgelegte Neuanalyse bietet hierfür einen soliden Datenrahmen.

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Recherchequelle: ArXiv.org

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