Cambridge (USA) – Weitere Beobachtungen des mittlerweile dritten, als solches erkannten Objekts interstellarer Herkunft in unserem Sonnensystem bestärken die Kontroverse darüber, ob es sich um einen natürlichen Kometen oder ein künstliches Objekt handelt.

Copyright: D. Jewitt et al/NASA/Wikimedia)
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Hauptakteure in der Kontroverse um die tatsächliche Natur des am 1. Juli 2025 entdeckten interstellaren Besuchers mit der Kennung 3I/ATLAS sind weiterhin der Haravard-Astrophysiker Prof. Avi Loeb und der Astronom Prof. Jason Wright von der Penn State University.
Außergewöhnliche Behauptungen
Nachdem Loeb einmal mehr schon unmittelbar nach der Entdeckung von 3I/ATLAS damit begann, in Gedankenexperimenten die Möglichkeit einer technischen Natur des Objekts in Fachartikeln und populärwissenschaftlichen Beiträgen und Interviews zu diskutieren (…GreWi berichtete, siehe Links u.) regte sich schnell Widerstand und Empörung im wissenschaftlichen Mainstream. Besonders Jason Wright ist seither in einer eigenen Artikel- und Kommentarserie darum bemüht, seinen Kollegen Loeb nicht nur aus seiner Sicht zu korrigieren, sondern für dessen Ausführungen auch scharf zu kritisieren.
Neben seinen früheren Ausführungen zur möglichen künstlichen Natur des Objekts, erklärt Loeb in einem aktuellen Artikel auf Medium.com und medienwirksam in einigen TV- und Podcast-Interviews, dass es Belege dafür gebe, dass 3I/ATLAS selbst eigenes Licht emittiere.
Zuvor schon hatte Loeb mehrfach erklärt und in Artikel dargelegt, dass schon die Umlauf- bzw. Flugbahn, das Objekt nicht nur übereinstimmend mit der Ausrichtung der Planetenebene des Sonnensystem, sondern auch nahezu ideal an den Planeten Jupiter, Mars und Venus vorbeiführt und zudem seinen sonnennächsten Punkt genau dann erreicht, wenn wir es von der Erde aus nicht beobachten können, für ein zielgerichtetes Verhalten des Objekts spreche. „Diese Merkmale sprechen dafür, dass es sich um ein intelligent konzipiertes Objekt handelt.“ Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Ausrichtung mit der Planetenebene liege bei 1:500. Auch das Timing des Durchflugs durch das innere Sonnensystem mit der besagten Planetenpassage lege eine Absicht nahe und die Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese Flugbahn zufällig sei, liege bei 1:20.000. Zudem fehle dem Objekt, das die meisten Astronomen derweil als interstellaren Kometen anerkennen, der für Kometen bei aktueller Sonnennähe charakteristische Schweif.
Außergewöhnliche Belege…?
Aktuell fügt Loeb hinzu, dass das bislang von 3I/ATLAS ausgehende Licht zu stark sei, als dass es sich um von dem Objekt reflektiertes Sonnenlicht alleine handeln könnte. „Wäre das, was wir sehen, reflektiertes Sonnenlicht, so müsste das Objekt einen Durchmesser von mehr als 20 Kilometern haben.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass ein derart gewaltiger Gesteinsbrocken aus einem anderen Planetensystem herausgeschleudert wurde und unser Sonnensystem durchfliegt, sei extrem gering, so Leob. „Hierzu gibt es schlichtweg zu wenig felsiges Material im interstellaren Raum.“ In einem Artikel auf Medium.com erläutert Loeb ein Leuchten an der Front des Objekts, das andere Astronomen als Verdampfung von Material auf der sonnenzugewandten Seite von 3I/ATLAS interpretieren. Stattdessen könne das Helligkeitsprofil viel besser durch „innere Prozesse“ erklärt, so Loeb.
„Wenn 3I/ATLAS sein eigenes Licht erzeugt, könnte es viel kleiner sein, als man es anhand eines Modells erwartet, in dem es Sonnenlicht reflektiert. Das Reflexionsmodell erfordert einen Durchmesser von bis zu 20 Kilometern – was unhaltbar ist, da das begrenzte Reservoir an felsigem Material im interstellaren Raum ein solch riesiges Objekt nur etwa einmal in 10.000 Jahren oder noch seltener hervorbringen könnte.“
Ein atomgetriebenes Raumschiff…?
Als Alternative zu einer natürlichen, aber extrem unwahrscheinlichen nuklearen Energiequelle im Innern eines Kometen „könnte 3I/ATLAS alternativ ein Raumschiff sein, das durch Kernenergie angetrieben wird“, spekuliert Loeb weiter. „Der Staub, der von seiner Vorderseite ausgestoßen wird, könnte von Schmutz stammen, der sich während seiner interstellaren Reise auf der Oberfläche angesammelt hat.“ Allerdings schränkt Loeb selbst hervorgehoben ein, dass ein solches Szenario zwar nicht ausgeschlossen werden könne, jedoch „bessere Belege erfordert, um als plausibel zu gelten.“
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Scharfe Kritik
Prof. Jason Wright widerspricht seinem Kollegen aus Harvard einmal mehr vehement. Unter dem Titel „Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass 3I/ATLAS von sich aus leuchtet“ erklärt er, dass „Avi Loeb einmal mehr falsche Überlegungen über 3I/ATLAS, um seine Behauptung zu untermauern, es könnte sich um ein außerirdisches Raumschiff handeln.“
Tatsächlich nutze Loeb als Grundlage für seine ungewöhnliche Hypothese eine falsche Darstellungsweise der Daten. Zugleich zeige Loeb selbst aber selbst aber in seinem eigenen Artikel auch eine korrekte Grafik. „Anhand dieser stimmen die Werte nun mit den von einem Kometen zu erwartenden Werten überein.“ Auch Loebs Lesart der Daten zur Helligkeit der Koma, also der Staub- und Gashülle um 3I/ATLAS seine falsch, soe Wright und unterstellt Loeb gar absichtliche argumentative Tricks:
„Die Tatsache, dass die Koma optisch dünn ist, bedeutet nicht, dass der Kern das Licht dominiert. Staub hat ein sehr hohes Verhältnis von Oberfläche zu Masse, sodass selbst eine winzige Menge an Staub viel mehr Sonnenlicht reflektieren kann als ein deutlich massiveres festes Objekt. Als Beispiel stelle man sich vor, wie viel Licht ein Kieselstein reflektiert. Zerstößt man diesen Kieselstein nun aber zu feinem Pulver und verteilt ihn als große Staubwolke, reflektiert dieser Staub weit mehr Licht, auch wenn man noch hindurchsehen kann. Setzt man nun einen identischen Kieselstein in die Mitte dieser Staubwolke, würde man ihn kaum bemerken.“
Dass die Koma optisch dünn ist und dennoch das reflektierte Licht dominiert, das wir sehen, sei also völlig konsistent mit den vorliegenden Daten und widerspreche der Vorstellung von einem Kometen keinesfalls, so Wright abschließend und mahnt: „Alle, die Loebs Beiträgen folgen, sollten dies künftig im Hinterkopf behalten, wenn er selbstsicher klingende Behauptungen über vermeintliche Anomalien von 3I/ATLAS aufstellt.“
Bald könnten wir mehr wissen
Loeb selbst liefert auch einen Vorschlag zur Überprüfung seiner Hypothesen:
„Am 3. Oktober 2025 wird 3I/ATLAS in einer Entfernung von 28,96 (+/–0,06) Millionen Kilometern an Mars vorbeiziehen. Dies bietet eine hervorragende Gelegenheit, 3I/ATLAS mit der HiRISE-Kamera an Bord des Mars Reconnaissance Orbiter in relativer Nähe zum Mars zu beobachten. Heute Morgen habe ich das HiRISE-Team ermutigt, ihre Kamera in der ersten Oktoberwoche 2025 einzusetzen, um neue Daten zu 3I/ATLAS zu sammeln. Die Reaktion war positiv. Eine Beobachtung von 3I/ATLAS von der Erde aus wäre zur selben Zeit schwierig, da sich das Objekt in unserem Himmel in unmittelbarer Nähe zur Richtung der Sonne befindet. Je mehr Daten wir über 3I/ATLAS sammeln, desto näher kommen wir dem Verständnis seiner Natur.“
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Recherchequelle: Loeb via Medium.com, Wright via Sites.PSU.edu
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