Astronomen finden Hinweise für erdgroßen „Planet Y“ im äußeren Sonnensystem

Geschrieben am 22.08.2025
von Andreas Müller

Princeton (USA) – Am äußersten Rand unseres Sonnensystems könnte sich ein bislang unbekannter, erdgroßer Planet verbergen. Indizien für die Existenz dieses Himmelskörpers leiten sich aus entdeckten Abweichungen in den Umlaufbahnen einiger Kuipergürtel-Objekte ab. Die Astronomen unterstreichen, dass sich das Signal dieses Planeten von jenen für die Existenz von „Planet Neun“ unterscheidet.

Künstlerische Darstellung eines erdartigen Planeten im äußeren Sonnensystem (Illu.).Copyright: seahyx (via Pixabay.com)
Künstlerische Darstellung eines erdartigen Planeten im äußeren Sonnensystem (Illu.).
Copyright: seahyx (via Pixabay.com) / Pixabay License

Seit Jahrzehnten spekulieren Forscher darüber, dass sich jenseits des Kuipergürtels – einer Region voller eisiger Brocken weit hinter Pluto – weitere große Planeten verstecken könnten. Während lange Zeit als „Planet X“ diskutierter Himmelskörper von etwa sieben Erdmassen in den Debatten inzwischen kaum noch eine Rolle spielt, gilt „Planet Neun“ weiterhin als vielversprechende Möglichkeit. Diesem „neunten Planeten“ werden rund zehn Erdmassen und eine Umlaufbahn zugeschrieben, die ihn mindestens 300 Mal so weit von der Sonne entfernt wie unsere Erde führen würde.

Wie Amir Siraj und Christopher F. Chyba von der Princeton University gemeinsam mit Scott Tremaine vom Institute for Advanced Study nun vorab via ArXiv.org berichten, haben sie Abweichungen in den Umlaufbahnen einiger Kuipergürtel-Objekte registriert, anhand derer sie auf die Existenz eines erdgroßen Himmelskörpers schließen, den sie bislang als „Planet Y“ bezeichnen. Diese Objekte zeigen eine Verformung, die nach Ansicht von Siraj, Kolleginnen und Kollegen am einfachsten durch die Gravitation eines bislang unentdeckten, leicht geneigten Planeten erklärt werden könnte: „Wenn diese Verformung real ist, dann spricht vieles für einen bislang verborgenen Planeten“, so Siraj.

Ein Planet mit einer Masse zwischen Merkur und Erde

Laut den Berechnungen der Forschenden läge die Masse von „Planet Y“  zwischen der von Merkur und Erde. Dieser Planet würde die Sonne in einer Distanz vom 100 bis maximal 200 Astronomischen Einheiten (AE = Abstand zw.n Erde und Sonne) umkreisen. Seine Schwerkraft könnte die Bahn einiger Kuipergürtel-Objekte aus der sonst flachen Ebene des Sonnensystems um etwa 15 Grad herauskippen lassen. Die Folge wäre ein Effekt, der einer kleinen Welle auf einem See ähnelt und der die Objekte ober- und unterhalb der gewohnten Bahnebene schwanken lässt.

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Allerdings räumen Siraj und Kollegen ein, dass das Signal derzeit noch schwach ist, dafür  aber durchaus belastbar. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen reinen Zufall handelt, liege bei lediglich zwei bis vier Prozent. Interessant: Auch die frühen Hinweise auf Planet Neun hatten ähnliche statistische Wahrscheinlichkeiten.

Planet Nine und Planet Y stehen nicht im Widerspruch

Die Hinweise auf „Planet Y“ unterscheiden sich klar von den Argumenten für „Planet Neun“. Während Letzterer als riesiger Schwerkraftanker gilt, der Objekte im Kuipergürtel in seine Richtung zieht, basiert „Planet Y“ auf einem Neigungseffekt der Bahnebene. Damit schließen sich beide Hypothesen nicht gegenseitig aus – es könnte also durchaus sein, dass beide Planeten existieren. „Das Signal ist ein anderes“, betont Siraj.

Auch Siraj Kolleginnen und Kollegen erhoffen sich weitere Erkenntnisse zu ihrer Hypothese unter anderem durch das Vera C. Rubin Observatory (…GreWi berichtete), das bald eine zehnjährige systematische Durchmusterung des Himmels beginnen wird. Damit könnten sowohl „Planet Y“ als auch „Planet Nine“ oder andere noch unentdeckte Welten erstmals direkt entdeckt und beobachtet werden. „Rubin wird den Katalog der transneptunischen Objekte rasch erweitern“, so Siraj. Falls Planet Y tatsächlich existiert, könnte er schon „in den ersten Jahren der Durchmusterung entdeckt“ werden – oder es ließen sich zumindest weitere Indizien für den beobachteten Verformungseffekt finden.

„Rubin wird den Katalog der gut vermessenen transneptunischen Objekte schnell erweitern“, sagt Siraj gegenüber dem The New Scientist. Falls „Planet Y“ existiert, könnte Rubin ihn „innerhalb der ersten Jahre der Himmelsdurchmusterung entdecken oder zumindest weitere Belege für den Verformungseffekt finden.“

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Recherchequelle: ArXiv.org, New Scientist

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