Tucson (USA) – Der Zwergplanet Ceres wirkt heute kalt, vereist und lebensfeindlich. Doch neue NASA-Forschungen deuten darauf hin, dass der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter in seiner fernen Vergangenheit über eine tiefe, langanhaltende Energiequelle verfügte, die möglicherweise lebensfreundliche Bedingungen aufrechterhielt.

Copyright: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
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Ein Blick zurück in die Frühzeit von Ceres
Schon seit Jahren gilt Ceres als faszinierendes Ziel für die Astrobiologie. Die 2018 beendete NASA-Sonde „Dawn“ lieferte die entscheidenden Daten: Aufnahmen der zunchst auch als „Ceres-Lichter“ bekannten hellen Flecken auf der Oberfläche zeigten, dass es sich überwiegend um Salzablagerungen handelt, die durch aufsteigende Flüssigkeiten aus dem Untergrund entstanden sind. Spätere Analysen belegten zudem ein gewaltiges Reservoir aus Sole, also stark salzhaltigem Wasser, im Inneren des Zwergplaneten.
Darüber hinaus fanden Wissenschaftler organische Moleküle in Form von Kohlenstoffverbindungen und damit einer der Grundvoraussetzungen für Leben, auch wenn sie allein noch keine Lebensentstehung garantieren. Mit Wasser und organischem Material waren damit bereits zwei zentrale Bausteine von Habitabilität vorhanden.
Faktor Nr. 3: chemische Energie
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in „Sience Advances“ (DOI: 10.1126/sciadv.adt3283), ergänzt nun das Bild um eine dritte, entscheidende Komponente: eine dauerhafte Quelle chemischer Energie. Genau diese Form von Energie stellt auf der Erde vielerorts die Grundlage für Mikroben dar, die in lichtlosen Umgebungen – etwa an hydrothermalen Quellen am Meeresboden – gedeihen.
Die Forschenden um Sam Courville von der Arizona State University und während der Forschungsarbeit am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA tätig, entwickelten thermische und chemische Modelle des Ceres-Inneren über Milliarden Jahre hinweg. Ihr Ergebnis: Vor rund 2,5 Milliarden Jahren könnte in Ceres ein stabiler Fluss heißer Flüssigkeiten aus dem Gesteinskern in das unterirdische Ozeansystem geströmt sein. Diese Flüssigkeiten enthielten gelöste Gase und Mineralien, die als „Nahrung“ für Mikroben gedient hätten – wäre dort jemals Leben entstanden.
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Wärme aus radioaktivem Zerfall
Die Energiequelle war der natürliche Zerfall radioaktiver Elemente im Inneren des Zwergplaneten. Diese Zerfallswärme ist ein gängiger Prozess im frühen Sonnensystem und wurde auch bei anderen Himmelskörpern nachgewiesen. Auf der Erde schaffen ähnliche Prozesse in Kombination mit Wasser regelrechte Oasen für Mikroorganismen.
„Wenn heißes Wasser aus dem Gestein mit Ozeanwasser zusammentrifft, entsteht oft ein reichhaltiges Buffet an chemischer Energie für Mikroben“, erklärt Studienleiter Sam Courville.

Copyright/Quelle: NASA/JPL-Caltech
Vom warmen Ozean zur eisigen Kruste
Heute jedoch ist von diesen einst günstigen Bedingungen wenig übrig. Ceres ist abgekühlt, das Wasser weitgehend gefroren und die verbliebenen Flüssigkeiten konzentrieren sich auf kleine Soletaschen. Der radioaktive Zerfall im Inneren reicht nicht mehr aus, um flüssiges Wasser in größerem Maßstab zu erhalten.
Das Zeitfenster, in dem Ceres potenziell lebensfreundlich war, lag demnach zwischen 500 Millionen und zwei Milliarden Jahren nach seiner Entstehung – also vor etwa 2,5 bis 4 Milliarden Jahren. In dieser Epoche dürfte der Kern seine höchste Temperatur erreicht und große Mengen an warmem Fluid in den unterirdischen Ozean abgegeben haben.
Keine zweite Europa – aber dennoch bedeutend
Im Gegensatz zu Eismonden wie Europa (Jupiter) oder Enceladus (Saturn) fehlt Ceres die heute aktive innere Erwärmung durch Gezeitenkräfte, die dort bis heute unterirdische Ozeane flüssig halten. Damit war das Zeitfenster für potenzielle Habitabilität auf Ceres klar begrenzt.
Die Ergebnisse haben jedoch über den Einzelfall hinaus Bedeutung: Auch andere wasserreiche Zwergplaneten und Monde ähnlicher Größe könnten in ihrer Vergangenheit kurzzeitig lebensfreundliche Bedingungen besessen haben oder auch heute noch in ihrem Inneren bsitzen, selbst wenn sie eisig und tot erscheinen.
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Recherchequelle: NASA
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