FRB or not to be: Kosmischer Radioblitz entpuppt sich als ausgedienter NASA-Satellit

Geschrieben am 25.06.2025
von Andreas Müller

Bentley (Australien) – Ein im Jahr 2024 zunächst als rätselhafter, extrem kurzer Radio-Ausbruch (Fast Radio Burst, FRB) gedeutetes Signal hat sich bei genauer Analyse als Signale  eines längst inaktiven NASA-Satelliten „Relay 2“.

Künstlerische Darstellung des NASA-Satelliten „Relay 2“Copyright: Gemeinfrei
Künstlerische Darstellung des NASA-Satelliten „Relay 2“
Copyright: Gemeinfrei

Wie das Forschungsteam um Clancy W. James vom International Centre for Radio Astronomy Research (ICRAR) an der Curtin University vorab via ArXiv.org berichtet, geht das Signal auf eine Entdeckung zurück, die am 13. Juni 2024 mit dem australischen Square Kilometer Array Pathfinder (ASKAP), einem hochmodernen Radioteleskopkomplex, gemacht wurde. Damals wurde ein extrem starkes Signal registriert, das weniger als 30 Nanosekunden dauerte – eigentlich ein typisches Zeitfenster für sogenannte FRBs. Das Signal war so intensiv, dass es sämtliche anderen Radiosignale aus dem Himmel bei Weitem überstrahlte. Aufgrund der hohen Intensität und der Signalcharakteristik ging das Team zunächst davon aus, dass es sich um ein weit entferntes astrophysikalisches Ereignis handeln müsse – so wie es bei den meisten bekannten FRBs der Fall ist.

Doch eine genauere Analyse des Signals offenbarte nun eine Überraschung: Das Signal kam nicht aus dem Weltall, sondern aus einer erdnahen Quelle. Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Quelle der ausgediente NASA-Satellit „Relay 2“ war – ein US-amerikanischer Satellit, der bereits im Jahr 1964 ins All gebracht worden war. „Relay 2“ war als experimenteller Kommunikationssatellit konzipiert und sollte verschiedene Techniken zur Datenübertragung testen. Bereits nach weniger als einem Jahr endete die damalige Mission, und spätestens seit 1967, als die Transponder ausfielen, galt der Satellit als vollständig inaktiv. Seitdem wurde kein Signal mehr von „Relay 2“ empfangen – bis zu dem im Juni 2024 detektierten Ereignis.

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Die Analyse zeigt zudem, warum das Signal so ungewöhnlich stark war: Der Satellit befand sich zum Zeitpunkt des Ereignisses direkt über dem Beobachtungsort in Australien. Dadurch war die Signalstärke maximal, und auch seine Klarheit ließ sich so erklären. Die auffällige Präzision des FRB war damit kein Hinweis auf eine entfernte astrophysikalische Quelle, sondern ein nahes Artefakt.

Trotz des registrierten Signals glauben die Wissenschaftler nicht, dass „Relay 2“ erneut sozusagen zum Leben erwacht ist oder temporär reaktiviert wurde. Stattdessen halten sie es für weitaus wahrscheinlicher, dass sich auf dem Satelliten über Jahre eine elektrostatische Ladung aufgebaut hatte, die sich schließlich in Form eines kurzen, intensiven Radioausbruchs entlud. Solche Entladungen an alten Satelliten sind nicht neu, wurden jedoch bislang selten systematisch erfasst. Eine weitere denkbare Erklärung ist der Einschlag eines Mikrometeoriten, der beim Aufprall eine winzige Plasmawolke erzeugt haben könnte, die wiederum das Radioburst-Signal verursachte.

Diese Entdeckung hat mehrere Implikationen: Zum einen zeigt sie, dass selbst längst tot geglaubte Satelliten noch unerwartete Signale erzeugen können, die von modernen Radioteleskopen registriert werden. Zum anderen wirft sie ein Schlaglicht auf die Herausforderungen bei der Interpretation von Radiosignalen aus dem All. Denn nicht jedes Signal mit den typischen Merkmalen eines FRB stammt zwangsläufig aus Milliarden Lichtjahren Entfernung – in seltenen Fällen kann die Ursache offenbar auch direkt über unseren Köpfen kreisen.

Langfristig könnten solche Beobachtungen aber auch neue Möglichkeiten eröffnen: etwa für die Entwicklung von Werkzeugen zur Unterscheidung zwischen terrestrischen und extraterrestrischen Signalquellen, oder für das Monitoring inaktiver Satelliten und Weltraumschrott. Das präzise Erfassen solcher Entladungen könnte helfen, gefährliche Altlasten im Orbit besser im Blick zu behalten. Auch bei der Kalibrierung von Instrumenten und beim Ausschluss technischer Artefakte könnten solche Erkenntnisse künftig eine Rolle spielen.

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Recherchequelle: ArXiv.org

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