Berkeley (USA) – Auf der Suche nach außerirdischer Technologie haben Astronomen mithilfe von künstlicher Intelligenz rund 100 Milliarden Radiosignale aus dem All untersucht. Obwohl sich kein einziges dieser Signale als Technologiesignatur herausstellte, gilt die Arbeit als methodischer Durchbruch für die Suche nach außerirdischer Intelligenz.

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Wie das Team um Snir Pardo von der School of Physics and Astronomy an der Tel-Aviv University aktuell im „The Astronomical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-3881/add52b) berichten, basiert die Studie auf Daten der „Breakthrough Listen“-Initiative – dem bislang größten wissenschaftlichen Programm zur Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for Extraterrestrial Intelligence, SETI). Mit den Radioteleskopen von Green Bank (USA) und Parkes (Australien) wurden zwischen 2016 und 2018 mehrere Hundert nahe Sterne im Frequenzbereich von 1,10 bis 3,45 GHz abgescannt. Ziel war es, schmalbandige Radiosignale zu entdecken, die von technologischen Zivilisationen stammen könnten. Die Analyse konzentrierte sich auf schmalbandige Signale, da diese im Kosmos in der Regel künstlichen Ursprungs sind.
Doch die Suche nach solchen Technosignaturen ist schwierig: Die große Mehrzahl potenzieller Signale stammt von irdischer Technologie – etwa von Satelliten oder Funkquellen – und kontaminiert die Daten massiv mit sogenannter Radiofrequenz Interferenz (RFI, radio frequency interference). Außerdem ist unklar, wie ein außerirdisches Signal überhaupt aussehen würde.
100 Milliarden Signale. 20.000 Kandidaten
Um diese Herausforderungen zu meistern, entwickelten die Forschenden eine mehrstufige, auf maschinellem Lernen basierende Filterpipeline. In einem ersten Schritt wurden mithilfe von Kreuzkorrelation und Dimensionsreduktion (UMAP) aus den rund 100 Milliarden analysierten Spektrogrammen etwa eine Million verdächtige Muster extrahiert. In weiteren Schritten bewerteten zwei Scores – „frequency score“ (Bewertung der Häufigkeit des Signals im Spektrum) und „similarity score“ (Konsistenz der Signalstruktur) – die Plausibilität der Kandidaten. Das Ziel: Die Menge der zu sichtenden Daten drastisch zu reduzieren, ohne potenziell interessante Signale zu verlieren.
Am Ende blieben etwa 20.000 besonders vielversprechende Kandidaten übrig, die visuell begutachtet wurden. Das Ergebnis: Kein einziger dieser Kandidaten überstand eine genauere Prüfung. Alle ließen sich eindeutig als Störungen, Artefakte oder RFI klassifizieren. Auch eine quantitative Näherung an die Signalstärke, basierend auf der Anzahl besonders starker Pixel (SNR >10), brachte keine neuen Erkenntnisse – rund 10 % der Kandidaten hatten hohe Signalstärken, waren aber dennoch irdischer Herkunft.
Viele Tausend Rechenstunden, kein Treffer
Dennoch sehen die Autoren die Studie als Erfolg. Denn der kombinierte Score-Ansatz führte zu deutlich besseren Trefferquoten bei der Auswahl relevanter Kandidaten: Während zufällige Datenproben nur zu 3 % vielversprechende Kandidaten enthielten, lag die Quote bei den besten kombinierten Scores bei 22 %. Ein Vergleich mit einer ähnlichen Deep-Learning-Studie von Ma et al. (2023) ergab ebenfalls hohe Übereinstimmung – die dort gefundenen besten Kandidaten schnitten auch in der vorliegenden Analyse gut ab, wurden aber letztlich als RFI eingestuft oder lagen in besonders störanfälligen Bereichen.
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Die aufwendigste Phase der Arbeit war das initiale Filtering: Die Kreuzkorrelation wurde auf rund 100 Milliarden Spektrogramme angewandt – ein Rechenschritt, der viele zehntausend CPU-Stunden in Anspruch nahm. Auch das manuelle Screening der Endkandidaten stellte eine enorme Belastung dar. Für zukünftige Studien schlagen die Forscher daher adaptive Multiskalen-Ansätze vor: Systeme, die automatisch auf verschiedenen Zeit- und Frequenzskalen agieren und so die menschliche Sichtung weiter entlasten könnten.
Fazit: Die Arbeit zeigt, wie sich moderne KI-Methoden effektiv auf SETI-Daten anwenden lassen. Auch wenn kein außerirdisches Signal gefunden wurde, belegt die Studie, dass sich große Datenmengen durch intelligente Filtertechniken gezielt und effizient durchsuchen lassen.
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Recherchequelle: The Astronomical Journal
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