Dokumente und Zeugen widersprechen Kernaussagen des im UFO-Artikel des Wall Street Journal

Geschrieben am 10.06.2025
von Andreas Müller

New York (USA) – Ein Artikel im angesehenen „Wall Street Journal“ (WSJ)sorgt für Wirbel unter UFO-Enthusiasten und Disclosure-aktivisten in den USA. Behauptet dieser doch, dass zahlreiche UFO-Whistleblower keine Beweise für außerirdische Technologien gesehen, sondern Opfer einer breit angelegten Schwindel-Verschwörung wurden, mit der die Entwicklung und Test irdischer Technologien vertuscht und geheim gehalten werden sollten. Eine erste Analyse des Artikels offenbar jedoch Mängel in einigen seiner Kernaussagen.

Künstlerische Darstellung des Malmstrom-Ereignisses (Illu.).Copyright: grewi.de
Künstlerische Darstellung des Malmstrom-Ereignisses (Illu.).
Copyright: grewi.de

Als wäre das UFOPhänomen selbst nicht schon komplex, undurchsichtig und rätselhaft genug, so ranken sich tatsächlich schon seit Jahrzehnten auch zahlreiche Theorien darum, dass das US-Militär selbst das öffentliche Interesse an unidentifizierten Flugobjekten nutzte, um mit gezielt gestreuten Falschinformationen und gefälschten Dokumenten von eigenen geheimen Waffenprogrammen abzulenken oder aber auch UFO-Enthusiasten zu diskreditieren. Die Behauptungen des WSJ-Artikels sind also grundsätzlich alles andere als neu.

Im Kern behauptet der Artikel, dass US-Armee und Geheimdiensten gezielt Desinformationen und gefälschte Beweise verbreiteten mit Bezug zu UFO, Außerirdischen und angeblichen Geheimprojekten verbreitet habe, um von eigenen Waffenentwicklungen und deren Test abzulenken. Jahrzehntelang erhielten neue Kommandeure in geheimen Programmen bei ihrer Einführung gefälschtes Material — inklusive Fotos angeblicher UFOs und der Behauptung, sie würden nun an einem Projekt zur Rückentwicklung außerirdischer Technologie mitarbeiten. Demnach glaubten manche Offiziere „ihr Leben lang an die Echtheit dieser Dokumente. Der ehemalige Direktor des US-Untersuchungsbehörde AARO, Dr. Sean Kirkpatrick, vermutet, dass auf diese Weise Hunderte solcher „Zeugen“ erzeugt wurden, die teils unter Geheimhaltungspflichten standen und diese im besten Gewissen Geschichten weitertrugen. (…GreWi berichtete).

Als Schlüssel-Story des Artikels nennen des Autorenduos Joel Schectman und Aruna Viswanatha den legendären Zwischenfall auf der US-Atomraketenbasis Malmstrom in Montana 1967: Zehn Nuklearraketen fielen aus, während ein angebliches UFO über dem Gelände schwebte. Der diensthabende Offizier Capt. Robert Salas wurde damals zum Schweigen verpflichtet, ging mit seinem Erlebnis in den 1990er Jahren jedoch an die Öffentlichkeit und ist bis heute davon überzeugt, dass ein UFO die Raketen lahmgelegt habe. Der Vorfall und Salas‘ Bericht gehört zu den bekanntesten UFO-Erzählungen aus dem US-Raum.

Statt jedoch eines exotischen oder gar außerirdischen UFOs, soll es nun – so behauptet das WSJ – eine von der U.S. Air Force selbst entwickelte Strahlenwaffe gewesen sein, die im Geheimen vor der Basis aufgebaut, im Betrieb grell geleuchtet und EM-Pulse ausgesandt habe, die dann die Systeme deaktivierten. Der wahre Zweck dieser Tests wurde vor den eigenen Soldaten geheim gehalten, um den Sowjets keine Hinweise darauf zu geben, dass solche Impulse die US-Atomraketen ausschalten konnten. Laut dem Wall Street Journal verbreiteten nun fortan selbst direkt beteiligte Militärangehörige jahrzehntelang und in bester Absicht falsche Geschichten über UFOs. Wie es jedoch sein kann, dass ein auf derselben Basis stationierter und für die Überwachung von mindestens 10 Nuklearsprengköpfen verantwortlicher Offizier von der vergleichsweise auffälligen Apparatur über der Einrichtung und ihrer Fähigkeit zum Erzeugen derartiger Entladungen keine Ahnung gehabt haben soll, erklärt zumindest der aktuelle WSJ-Artikel bislang nicht. Auch sonst sind überprüfbare Quellenangaben und Belege nicht vorhanden. Einzig und allein technische Skizzen der elektromagnetischen Impulswaffe geben dem Artikel einen Hauch von historischer Glaubwürdigkeit.

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Doch es sind genau diese Skizzen, die den Autoren und ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht nun auf die Füße zu fallen scheinen: Wie der (selbst oft kritische aber ergebnisoffene) US-Informationsfreiheitaktivist John Greenewald Jr. auf seinem Recherche- und Dokumentenportal „TheBlackVault.com“ berichtet, stammen diese Skizzen zwar tatsächlich aus historischen Dokumenten der Defense Nuclear Agency und beschreiben mit dem „Transportable Electromagnetic Pulse Simulator“ (TEMPS) auch zu diesen Zwecken geplante Anlagen. Allerdings belegen genau diese Dokumente zugleich auch, dass diese Geräte nicht vor August 1973 bzw. 1978 geplant, geschweige denn (wenn überhaupt) zum Einsatz kamen – 8 Jahre „nach“ den Erlebnissen von Salas Ereignissen auf der Malmstrom Raketenbasis (1967). Im WSJ-Artikel ist dieser lediglich in Bildunterschriften angemerkt, die nahezu unlesbar klein gesetzt.

Bildaususzug aus dem “TEMPS (Transportable EMP Simulator) Final Report. Volume 2“
Bildaususzug aus dem “TEMPS (Transportable EMP Simulator) Final Report. Volume 2“

Mit der gleichen Logik könnte man versuchen, Hausbrände in den 1940er Jahren mit Fehlfunktionen der erst ab Mitte der 1950er Jahre im Handel erhältlichen ersten Mikrowellenherde zu erklären.

– Die Originaldokumente auf „TheBlackVaul.com“ finden Sie HIER

Auch Robert Salas selbst hat sich mittlerweile mit einer persönlichen Erwiderung zu den Behauptungen des WSJ geäußert, das im Folgenden unkommentiert, ins deutsche Übersetz wiedergegeben werden soll:

„Amerikas UFO-Mythologie“
Von Joel Schectman und Aruna Viswanatha
Veröffentlicht im Wall Street Journal, 6. Juni 202

Eine Erwiderung
Robert L. Salas

Robert L. Salas.
Robert L. Salas.

Da mein Name in diesem Artikel (S. 7) im Zusammenhang mit einem Vorfall erwähnt wurde, den ich erlebte, als ich als Startoffizier für Minuteman I (ICBM) Raketen in einer Startkontrollanlage (Launch Control Facility, LCF) in Montana, bezeichnet als „Oscar 1“, im Kommando stand — und da dabei falsche Darstellungen gemacht wurden — sehe ich mich veranlasst, auf die in dem genannten Artikel gemachten Aussagen zu reagieren.

Im Artikel heißt es auf S. 8, dass das Team von Herrn Sean Kirkpatrick vom All-Domain Anomaly Resolution Office (AARO) „… eine irdische Erklärung“ für das Geschehen gefunden habe. Weiter heißt es, dass in der Nähe des vorderen Tores der LCF Oscar 1 ein großer elektromagnetischer Generator gebaut worden sei, der schwere Betonfundamente und 60 Fuß hohe Masten zur Stützung einer Plattform benötigte. Dieser Generator habe einen Hochspannungsimpuls abgegeben, um eine elektromagnetische Welle (EMP) zu erzeugen, um etwaige Verwundbarkeiten unserer Ausrüstung und Raketen zu testen. Es heißt weiter:

„Wenn aktiviert, würde dieses Gerät, das sich auf einer tragbaren Plattform 60 Fuß über der Anlage befand, Energie sammeln, bis es zu glühen begann, manchmal mit einem blendenden orangen Licht. Dann würde es einen Energieimpuls abfeuern, der einem Blitz ähneln könnte. Die elektromagnetischen Impulse schlängelten sich dann durch Kabel, die mit dem Bunker verbunden waren, in dem Startkommandeure wie Salas saßen, störten die Leitsysteme, deaktivierten die Waffen und verfolgen die Männer bis heute. Aber ein öffentliches Bekanntwerden dieses Tests zu jener Zeit hätte es Russland ermöglicht, zu erfahren, dass Amerikas Nukleararsenal bei einem Erstschlag deaktiviert werden könnte. Die Zeugen wurden im Unklaren gelassen.“

Meine Antwort auf diese Fantasie lautet wie folgt:

1. Ich habe am 15. Februar 2023 zwei Mitgliedern des AARO-Teams eine mehr als zweistündige Präsentation gegeben. Am Ende meiner Präsentation fragte ich sie, ob sie die U.S. Air Force kontaktieren würden, um die von mir dargestellten Tatsachen zu überprüfen. Sie antworteten, dass sie dies wegen mangelnder Kooperation der USAF nicht tun würden. Sie informierten mich niemals darüber, dass sie irgendeine „irdische Erklärung“ für meinen Vorfall entdeckt hätten, wie oben behauptet.

2. Die USAF war sich sehr wohl der potenziellen Schäden durch EMP infolge einer nahegelegenen nuklearen Explosion bewusst, und ich sowie mein Mitautor James Klotz haben dieses Thema in unserem Buch Faded Giant (S. 27–32) behandelt. Darüber hinaus haben wir dort Verweise auf EMP-Studien aufgeführt (S. 33–34). Mit unterstützenden Aussagen von Mitgliedern des Boeing-Untersuchungsteams kamen wir zu dem Schluss, dass EMP-Tests nicht die Ursache für die Raketenabschaltungen waren. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es sich sicherlich in den historischen Dokumenten und in der Kommunikation mit den damaligen Ermittlern widerspiegelt.

3. Alle Minuteman-Besatzungsmitglieder hatten hohe Sicherheitsfreigaben. Wir erhielten sowohl klassifizierte als auch unklassifizierte detaillierte Einweisungen über sämtliche Aktivitäten im Feld, die den Status unserer Raketenbereitschaft beeinträchtigen könnten, jedes Mal, wenn wir zum Einsatz geschickt wurden. In den drei Jahren, in denen ich als Raketenstartoffizier auf der Malmstrom AFB tätig war, wurde ich nie über EMP-Tests an einsatzbereiten Raketen informiert.

4. Es wäre verantwortungslos und undenkbar gewesen, dass die USAF den operativen Status dieser Waffen durch derartige Tests aufs Spiel setzt, da sie ein wesentlicher Bestandteil unserer nationalen Sicherheitsstrategie waren — zumal diese Zeitperiode in den Kalten Krieg fiel, wir im Vietnamkrieg engagiert waren und nur wenige Jahre zuvor beinahe ein Atomkrieg während der Kuba-Krise ausgebrochen war.

5. Wie oben erwähnt, hätte die Installation einer solchen EMP-Generator-Ausrüstung einen längerfristigen Aufbau erfordert, der für unser Sicherheitsteam am Boden der LCF deutlich sichtbar gewesen wäre. Solche Aktivitäten wären an uns in der unterirdischen Startkontrollzentrale (LCC) gemeldet worden, da wir das Kommando über die Anlage hatten. Unser oberirdisches Personal hat uns nie von derartigen Aktivitäten berichtet.

6. Während unseres Vorfalls meldete unser Flugsicherheitsleiter (Flight Security Controller) in einem Zustand großer Angst, dass sich ein Objekt direkt über dem vorderen Tor unserer LCF befand. Tatsächlich waren, wie wir später erfuhren, alle Sicherheitspersonen sehr verängstigt. Wenn es sich um einen autorisierten Test gehandelt hätte, wäre eine solche Reaktion wohl kaum erfolgt.

7. Während unseres Vorfalls zeigte unser Status-Panel einen Hinweis auf mögliche Eindringversuche bei zwei Startanlagen (LF), also bei den Raketenstandorten. Sicherheitsteams wurden dorthin entsandt, um dies zu untersuchen. Als sie sich den Standorten näherten, berichteten sie wiederum, ein ähnliches Objekt über den Raketen schweben gesehen zu haben. Sie waren so verängstigt, dass sie um Erlaubnis baten, nicht weiterzugehen und zur LCF zurückzukehren.

8. Mr. Ray Fowler war Manager für elektrische Systeme der Minuteman I Raketen während der Echo- und Oscar-Flight-Vorfälle. Er arbeitete für die Sylvania Corp., den Auftragnehmer für diese Systeme. Fowler hatte während dieser Zeit Mitarbeiter auf der Malmstrom AFB stationiert, die ihm Details dieser Vorfälle berichteten, einschließlich der Berichte über UFO-Aktivität. Laut seiner eidesstattlichen Erklärung wurde ihm kein Bericht über EMP-Tests an den Einsatzorten übermittelt, an denen die Raketen deaktiviert wurden.

Archivbild: Blick in ein Abschuss-Silo einer Interkontinentalrakete vom Typ Minuteman. Copyright: Spencer (vi WikimediaCommons) / CC BY-SA 3.0
Archivbild: Blick in ein Abschuss-Silo einer Interkontinentalrakete vom Typ Minuteman.
Copyright: Spencer (vi WikimediaCommons) / CC BY-SA 3.0

9. Eines der Dokumente, das wir durch unsere FOIA-Anfrage erhielten, war ein Telex des Strategic Air Command (SAC) an verschiedene Minuteman-Stützpunkte. Die ursprüngliche Klassifizierung dieses Telex war GEHEIM. Betreff: Loss of Strategic Alert, Echo Flight, Malmstrom AFB, datiert auf 17. März 1967. Im Text hieß es:

„Die Tatsache, dass kein offensichtlicher Grund für den Verlust von zehn Raketen festgestellt werden kann, bereitet diesem Hauptquartier ernsthafte Sorgen. Wir benötigen eine tiefgreifende Analyse, um Ursache und Abhilfemaßnahmen zu ermitteln, und wir müssen so schnell wie möglich wissen, welche Auswirkungen dies auf die Flotte hat, falls überhaupt.“

Eine solche Aussage wäre von SAC nicht gemacht worden, wenn die Abschaltungen das Ergebnis von EMP-Tests gewesen wären!

10. Gemäß der Anfrage des SAC stellte Boeing ein Untersuchungsteam zusammen. Geleitet wurde es von Robert Kaminski, der für die Leitung des Minuteman-Fehlerbehebungsteams verantwortlich war. Er kontaktierte mich, kurz nachdem ich meinen Vorfall öffentlich gemacht hatte. In einem langen Brief schrieb er:

„Das Team traf sich mit mir, um seine Ergebnisse zu berichten, und es wurde beschlossen, dass der Abschlussbericht nichts Wesentliches enthalten würde, was das Geschehen bei E-Flight erklären könnte. … Es gab keine technische Erklärung, die das Ereignis erklären konnte.“ (Faded Giant, S. 25–26). Es wurde kein EMP-Test in Bezug auf dieses oder ein anderes Ereignis erwähnt.

11. Die beiden von SAC im Telex namentlich angeforderten Boeing-Ingenieure, Rigert und Dutton, bestätigten im Wing History Report, dass elektrische Probleme als mögliche Ursache ausgeschlossen wurden.

12. Laut dem U.S. Department of Energy (DOE) fanden am 16. März oder am 24. März keine Nuklearversuche statt, die eine Quelle für EMP hätten darstellen können.

13. Es gab mehrfache Berichte über UFO-Sichtungen in der Nähe und über der Malmstrom AFB am Abend des 24. März 1967, wie in einem Bericht des Basisbetriebsleiters festgehalten.

14. Weitere Zeugen dieser und anderer Sichtungen wären unter verbesserten Zeugenschutzbedingungen verfügbar und bereit auszusagen.

Ich und andere Zeugen stehen zur Verfügung und sind bereit, unter Eid über die Richtigkeit der obigen Aussagen auszusagen.

Ich sende diese Erwiderung an das Wall Street Journal und fordere, dass sie diese veröffentlichen und auf die obigen Erwiderungspunkte eingehen.

Robert L. Salas

– Bis zu Redaktionsschluss dieser Meldung lag noch keine Antwort der WSJ-Redaktion und/oder Autoren zu Salas‘ Erwiderung vor.

Nachtrag: Mit Redaktionsschluss dieser Meldung wurden Gerüchte bekannt, wonach das Wall Street Journal einen zweiten Artikel plant, in dem die Narrative von „Amerikas UFO-Mythologie“ fortgeführt werden soll. Dieser Artikel lag bei hiesigem Redaktionsschluss noch nicht vor.

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Recherchequelle: Wall Street Journal, TheBlackVault.com, eigenen Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

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