Studie zeigt: Stromleitungen verwirren Honigbienen

Geschrieben am 24.05.2025
von Andreas Müller

Bristol (Großbritannien) – Elektrische Felder in der Luft, wie sie beispielsweise von Überlandleitungen ausgehen, haben negative Auswirkungen auf das Nektarsammelverhalten von Honigbienen. Das zeigen die Ergebnisse neuster Experimente. Die Forscher befürchten, dass dies nicht nur auf Bienen als Bestäuber zutrifft.

Symbolbild: HonigbienenCopyright: A. Müller für grewi.de
Symbolbild: Honigbienen
Copyright: A. Müller für grewi.de

Wie Liam O’Reilly, Victoria J. Mallinson und Fraser A. Woodburn von der University of Bristol aktuell im Cell-Fachjournal “iScience” (DOI: 10.1016/j.isci.2025.112550) berichten, halten die elektrischen Signale entlang von Überlandstromleitungen Bienen davon ab, auf hier gelegenen Blüten zu landen. Darüber hinaus befürchten die Forschenden, dass diese Form von „elektrischer Verschmutzung“ (electric pollution) auch weitere Insektenarten vom mit dem Sammeln einhergehenden Bestäuben von Blüten abhält.

Insekten reagieren auf elektrische Felder

Schon zuvor war bekannt, dass Hummeln und Honigbienen elektrische Felder mithilfe ihrer Fühler und Körperhärchen in der Luft wahrnehmen können, wie sie in der Natur durch statische Elektrizität (Reibung, Partikel usw.) entstehen können und diese Wahrnehmung sogar eine Form von Kommunikation darstellt (…GreWi berichtete). Auch von Raupen ist sie Sensibilität gegenüber elektrischen Feldern in der Luft mittlerweile nachgewiesen. Ob und wie bestäubenden Insekten allerdings auf von Menschen erzeugte elektrische Felder reagieren, wurde bislang kaum untersucht.

Um dies zu ändern, untersuchten O’Reilly, Kolleginnen und Kollegen, wie sich das Verhalten von westlichen Honigbienen (Apis mellifera) unter dem Einfluss unterschiedlicher elektrischer Felder in der Luft rund um eine Wieser mit Katzenminze (Nepeta grandiflora) nahe Bristol verhielten.

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Hierzu erzeugten die Forschenden zwei Stunden lang ein elektrisches Feld mit schwachem Wechselstrom (AC), das die Umgebung in 60 bis 100 Metern Entfernung von einer Hochspannungsleitung simulierte. Tatsächlich führte dieses Feld dazu, dass die Anzahl der Honigbienen-Landungen auf betroffenen Pflanzen im Vergleich zu nahegelegenen Kontrollpflanzen um ganze 71 Prozent zurückging. Zwar erholten sich diese Werte im Laufe des Experiments, erreichte aber nie die vollständigen Ausgangswerte.

Elektrische Felder, wie sie von 275-kV-Hochspannungsleitungen im ländlichen England erzeugt werden.Copyright/Quelle: O’Reilly, Mallinson, Fraser A. Woodburn, iScience 2025
Elektrische Felder, wie sie von 275-kV-Hochspannungsleitungen im ländlichen England erzeugt werden.
Copyright/Quelle: O’Reilly, Mallinson, Fraser A. Woodburn, iScience 2025

Einen der Gründe vermuten die Forschenden in dem Umstand, dass Wechselstrom-Felder in der Natur schlichtweg nicht vorkommen und Insekten.

In einem weiteren Experiment erzeugt die Forschenden dann elektrisches Feld mithilfe von Gleichstrom (DC), ähnlich dem Strom aus einer Batterie. Auch dies führte zu einem Rückgang der Bienenlandungen um 53 Prozent im Vergleich zu den Kontrollpflanzen.

Beunruhigenden Ergebnisse

Laut den Forschern haben die Ergebnisse beunruhigende Auswirkungen für Honigbienen – einen der wichtigsten Bestäuber –, insbesondere angesichts der allgegenwärtigen Strominfrastruktur in den meisten Ländern. „Schätzungen zufolge gibt es allein im Vereinigten Königreich fast 70.000 Quadratkilometer Land, auf denen Bienenvölker innerhalb der Reichweite von Hochspannungsleitungen nach Nahrung suchen.“

Zwar handele es sich nur um eine kleine Studie, aber angesichts der Ergebnisse früherer Studien zeige sich ein besorgniserregender Trend, so O’Reilly gegenüber dem New Scientist“. Weitere Studien müssten nun noch genauer untersuchen, wie Überlandleitungen und andere Elektrizitätsinfrastruktur das Verhalten von Insekten unter Realbedingungen beeinflussen.

Sollten sich die bisherigen Beobachtungen bestätigen, müssten untersucht werden, wie diese negative Beeinflussung behoben werden kann. Eine Veränderung der Leitungsinfrastruktur, etwa durch eine unterirdische Kabelführung, dürfte zu kostspielig sein. Stattdessen sollten Imker darum bemüht sein, ihre Weiden möglichst in sicherer Entfernung etwa zu Überlandleitungen zu planen.

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Recherchequelle: iScience, New Scientist

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