Das Universum wird voraussichtlich in 10⁷⁸ Jahren zerfallen – deutlich früher als bisher angenommen

Geschrieben am 12.05.2025
von Andreas Müller

Nijmegen (Niederlande) – Das Universum zerfällt deutlich schneller als bisher angenommen. Neue Berechnungen niederländischer Wissenschaftler zur sogenannten Hawking-Strahlung zeigen, dass es etwa 10⁷⁸ Jahre dauert, bis die letzten stellaren Überreste zerfallen sind – und nicht, wie bisher angenommen, 10¹¹⁰⁰ Jahre.

Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns, der langsam über hawkingartige Strahlung „verdampft“ (Illu.).Copyright/Quelle: Daniëlle Futselaar/artsource.nl
Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns, der langsam über hawkingartige Strahlung „verdampft“ (Illu.).
Copyright/Quelle: Daniëlle Futselaar/artsource.nl

Wie der Experte für Schwarze Löcher Heino Falcke, der Quantenphysiker Michael Wondrak und der Mathematiker Walter van Suijlekom von der Radboud-Universität Nijmegen aktuell im „Journal of Cosmology and Astroparticle Physics“ und vorab via ArXiv.org berichten, knüpfen sie mit ihrer neuen Studie an eine frühere Veröffentlichung aus dem Jahr 2023 an.

Das Ende des Universums

Die Forscher berechneten, dass das Universum in etwa 10⁷⁸ Jahren endet – sofern man ausschließlich hawkingartige Strahlung berücksichtigt. Das ist die Zeit, die Weiße Zwerge, die langlebigsten bekannten Himmelskörper, benötigen, um zu zerfallen.

Frühere Studien, die diesen Effekt nicht einbezogen, gingen noch von 10¹¹⁰⁰ Jahren aus. „Das endgültige Ende des Universums kommt also deutlich früher als gedacht – aber zum Glück dauert es immer noch sehr, sehr lange“, sagt Falcke.

Grundlage ist eine Neuinterpretation der Hawking-Strahlung: 1975 postulierte Stephen Hawking, dass Teilchen und Strahlung einem Schwarzen Loch entkommen können – im Widerspruch zur Relativitätstheorie. Dabei entstehen am Rand des Schwarzen Lochs, dem sogenannten Ereignishorizont Teilchenpaare, von denen eines in das Schwarze Loch fällt und das andere entweicht – was zur langsamen „Verdampfung“ des Schwarzen Lochs führt. Eine Folge dieser Hawking-Strahlung ist, dass ein Schwarzes Loch langsam in Teilchen und Strahlung zerfällt. Das widerspricht Einsteins Relativitätstheorie, nach der Schwarze Löcher nur wachsen können.

Neutronensterne zerfallen ebenso langsam wie ein Schwarzes Loch

Die Forscher berechneten, dass der Prozess der hawkingartigen Strahlung theoretisch auch auf andere Objekte mit Gravitationsfeld zutrifft. Entscheidend für die Zerfallszeit sei allein die Dichte des Objekts.

So lange dauert die Verdampfung verschiedener Objekte durch hawkingartige Strahlung in einer idealen, unbeeinflussten Umgebung: Weiße Zwerge zerfallen demnach in etwa 10⁷⁸ Jahren, der menschliche Körper in rund 10⁹⁰ Jahren.Copyright/Quelle: Falcke, Wondrak & Van Suijlekom
So lange dauert die Verdampfung verschiedener Objekte durch hawkingartige Strahlung in einer idealen, unbeeinflussten Umgebung: Weiße Zwerge zerfallen demnach in etwa 10⁷⁸ Jahren, der menschliche Körper in rund 10⁹⁰ Jahren.
Copyright/Quelle: Falcke, Wondrak & Van Suijlekom

Der hawkingartige Zerfall gilt laut den Forschern auch für andere Objekte mit Gravitationsfeld. Entscheidend für die Dauer sei allein die Dichte. Überraschend war, dass Neutronensterne und stellare Schwarze Löcher etwa gleich lange brauchen: 10⁶⁷ Jahre. Obwohl Schwarze Löcher stärkere Gravitation haben, verzögert das Fehlen einer Oberfläche den Zerfall: Sie reabsorbieren einen Teil ihrer eigenen Strahlung

Mensch und Mond: 10⁹⁰ Jahre

Die Forscher haben zudem berechnet, wie lange es dauert, bis der Mond oder ein Mensch durch hawkingartige Strahlung verdampfen würde. Das Ergebnis: 10⁹⁰ Jahre. Was zunächst wie ein Paradoxon klingt, erklärt sich durch die niedrigeren Dichte, denn je geringer die Dichte, desto langsamer der berechnete Zerfall. Dieser Wert gilt jedoch nur für ideale, vollständig isolierte Bedingungen. In der Realität verschwinden solche Objekte durch andere Prozesse (z. B. Protonenzerfall) natürlich viel früher – wie die Forscher mit einem Augenzwinkern anmerken.

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Prof. Walter van Suijlekom betont abschließend die Bedeutung interdisziplinärer Forschung: „Indem wir solche Fragen stellen und extreme Fälle betrachten, wollen wir die Theorie besser verstehen – und vielleicht eines Tages das Rätsel der Hawking-Strahlung entschlüsseln.“

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Recherchequelle: Astronomie.nl

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