Gainsborough (Großbritannien) – Das Herrenhaus Gainsborough Old Hall in der Grafschaft Lincolnshire gehört zu den besterhaltenen mittelalterlichen Herrenhäusern Englands. Jetzt berichten Historiker von der Entdeckung von über 100 bislang übersehenen „Hexenzeichen“ in dem über 500 Jahre alten Anwesen.
Wie die britische Denkmalpflege-Verwaltung „English Heritage“ berichtet, habe der Mitarbeiter Rick Berry alleine in der großen „Old Hall“ 20 dieser historischen Graffiti entdeckt, die traditionell zum Schutz von Gebäuden und deren Bewohnern vor Dämonen, Hexen oder dem bösen Blick aufgemalt, eingeritzt, -gebrannt und -geschnitzt wurden.
Einige der Zeichen stammen vermutlich sogar schon aus dem 16. Jahrhundert, als William Hickman das Anwesen besaß und dessen Name auf dem kopfstehend in eine Wand geritzt wurde – vermutlich, um Hickam zu verfluchen.
Andere Zeichen zeigen Zirkelspiele wie eine sechsblättrige Blume, Knotenmuster, X und doppelte V-Buchstaben, die in der abergläubischen Volksmagie gegen böse Geister, Dämonen oder gar den Teufel selbst schützen sollten, da sie diese Wesenheiten zwingen sollten, die Muster endlos nachzuahmen. In anderen Fällen sind es Fluchwörter, magische Lettern oder auch Brandzeichen. Letztere sind kleine Brandspuren im Holz, die das Gebäude vor Bränden schützen sollten und in der Gainsborough Old Hall mehr als 100 Mal zu finden sind.
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Während die Zeichen gerne allgemein als „Hexenzeichen“ (witch marks) bezeichnet werden, verweisen Archäo-Historiker wie Dr. James Wright immer wieder auf dem Umstand, dass die Assoziation mit Hexen mindestens missverständlich sei:
„Der ungenaue Begriff bezieht sich auf eine lose verbundene Gruppe von Zeichen, die in historischen Gebäuden gefunden werden, darunter M’s und doppelte V’s, Pentagramme, Knotenmuster, Netze, kreisförmige Designs und Brandspuren. Forschungen zahlreicher Wissenschaftler, Archäologen und Autoren (oftmals in Personalunion) legen nahe, dass diese Zeichen absichtlich über einen langen Zeitraum – vom Mittelalter bis in die Moderne – angebracht wurden, um böse Kräfte abzuwehren und den Bewohnern Glück zu bringen, sowie an anderen Orten wie Bäumen und Höhlen. Obwohl ebenfalls nicht ideal, bevorzugen einige Forscher den Begriff ‚rituelle Schutzzeichen‘, um Symbole zu beschreiben, die anscheinend nie von zeitgenössischen Autoren erwähnt wurden. Dieser Begriff bleibt jedoch problematisch, da nicht sicher ist, dass die Zeichen rituell geschaffen wurden und nicht alle von ihnen einen schützenden Zweck hatten – dennoch kommt er der Wahrheit näher als der Begriff ‚Hexenzeichen‘.
Mangels eines völlig präzisen Begriffs kann auch gesagt werden, dass viele dieser Zeichen in der regulären Kirchenkunst gefunden wurden. Die doppelten V- und M-Zeichen sind oft als Symbole im Kult der Jungfrau Maria zu finden, z. B. in der Christchurch Priory (Dorset) und in der Holy Trinity in Blythburgh, Suffolk. Das Pentagramm verweist auf die Fünf Wunden Christi und erscheint im Maßwerk des großen Westfensters der Kathedrale von Exeter. Geometrische Kreisdesigns wurden häufig als Analogien zum Kreuz Christi verwendet, etwa am St. Ethelbert’s Gate der Kathedrale von Norwich. Möglicherweise sollten diese Zeichen als heilige Symbole im Katholizismus betrachtet werden. Dennoch wirft ihre Verwendung nach der Reformation Fragen auf, und ihre Kontinuität ist wahrscheinlich eher auf Volksbräuche zurückzuführen, die Glück bringen und Unglück abwenden sollten, als auf Beweise für einen verborgenen Katholizismus. Die Bedeutung von Symbolen verändert sich mit der Zeit.“
– Lesen Sie HIER den vollständigen kritischen Artikel von James Wright zur Problematik der „Hexenzeichen“
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Recherchequelle: English Heritage, Triskele Heritage, eigene Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de
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