US-UFO-Behörde veröffentlicht Analyseergebnisse zu angebl. UFO-Fragment

Geschrieben am 12.07.2024
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 6 Minuten Washington (USA) – Bereits seit Jahren sorgt ein kleines metallisches Fragment für kontroverse Diskussionen sowohl unter UFO-Enthusiasten, UFO-Skeptikern und Wissenschaftlern. Angeblich soll das mutmaßliche UFO-Fragment exotische technologische Eigenschaften besitzen und außerirdischer Herkunft sein. 2022 hat die US-UFO-Untersuchungsbehörde AARO das Fragment untersuchen lassen und soeben die Ergebnisse dieser Analysen veröffentlicht. Das Fragment selbst geistert bereits seit […]Lesezeit: ca. 6 Minuten
CT-Scans des untersuchten Fragments.Quelle: ORNL/AARO/US Dept. of Defense

CT-Scans des untersuchten Fragments.
Quelle: ORNL/AARO/US Dept. of Defense

Washington (USA) – Bereits seit Jahren sorgt ein kleines metallisches Fragment für kontroverse Diskussionen sowohl unter UFO-Enthusiasten, UFO-Skeptikern und Wissenschaftlern. Angeblich soll das mutmaßliche UFO-Fragment exotische technologische Eigenschaften besitzen und außerirdischer Herkunft sein. 2022 hat die US-UFO-Untersuchungsbehörde AARO das Fragment untersuchen lassen und soeben die Ergebnisse dieser Analysen veröffentlicht.

Das Fragment selbst geistert bereits seit Mitte der 1990-er Jahre durch die UFO-Szene, als der bekannte US-Radiomoderator Art Bell dieses ihm anonym zugespielte metallartige Stück in seiner US-weit ausgestrahlten Sendung „From Coast to Coast AM“ präsentierte. Angeblich soll es aus militärischer Quelle stammen und ein Fragment aus der Unterseite eines 1947 nahe Roswell abgestürzten Raumschiffes darstellen. Allerdings handele es sich dabei nicht um den berühmten Roswell-Absturz, sondern um ein Ereignis, das sich zwischen den San Mateo Bergen und der Sierra Blanca westlich von Roswell ereignet haben soll.

Das Fragment selbst wurde seither angeblich bereits mehrfach untersucht, teilweise mit interessanten Ergebnissen. So berichtete die Journalistin Linda Moulton Howe von den Ergebnissen einer Analyse an einer nicht namentlich genannten Universität, laut der das etwa 5 Zentimeter große Fragment aus einer bis zu 200 Millimeter dünn geschichteten Magnesium-Zink-Legierung bestehen soll, die zudem abwechselnd mit lediglich ein bis vier Mikron dünnen Schichten aus Bismut geschichtet seien. Später berief sich Moulton Howe auf Aussagen führender US-Materialwissenschaftler (u.a. des MIT und der Sandia National Laboratories) sowie erneut auf militärische Quellen, die angeblich alle über eine mögliche Herkunft, Herstellungsmethoden und Anwendung einer derartigen Legierung rätselten. Später attestierte unter anderem der für seine Untersuchungen zahlreicher paranormaler Phänomene bekannten Standford-Ingenieur Dr. Harold Puthoff nicht nur den geschichteten Aufbau des Fragments, sondern diesem auch exotische Eigenschaften (u.a. als sog. Terahertz-Wellenleiter).

Rätselhaftes Objekt aus einer Magnesium-Zink-Bismuth-Legierung. Copyright: Linda Moulton Howe with Tim Bauer

Erneut für Aufmerksamkeit sorgte das Fragment dann 2018, als die “To The Stars Academy” (TTSA) um den US-Punksänger Tim DeLonge die Materialprobe erneut im Rahmen des „A.D.A.M.-Projekts“ und nun sogar ganz offiziell in Kooperation mit der US-Army bzw. mit dessen Materialforschungsabteilung, der “U.S. Army Combat Capabilities Development Command” (CCDC) (…Grewi berichtete 1, 2, 3) untersuchen wollte. Diese Untersuchungen scheinen sich jedoch mittlerweile und besonders nach der de-facto Auflösung der wissenschaftlich orientierten Abteilung der TTSA (…GreWi berichtete) im Ungewissen verloren zu haben.

Nachdem besagte frühere Untersuchungen eine ungewöhnliche chemische Kombination und Legierung, ebenso ungewöhnliche strukturelle Eigenschaften und Zusammensetzungen sowie Isotopenverhältnisse nahegelegt haben sollen, die auf einen Ursprung des Fragments von außerhalb unseres Sonnensystems hindeuten sollen und das Objekt mehrfache seinen Besitzer gewechselt hat, kommt die nun vom „Oak Ridge National Laboratory“ (ORNL) im Auftrag der US-UFO/UAP-Untersuchungsbehörde „All-domain Anomlay Resolution Office“ (AARO) veröffentlichte Analyse der Probe zu ganz anderen Ergebnissen. (Anm. GreWi: Im Kontext der bisherigen Untersuchungen von UFO/UAP-Vorfällen durch die AARO ist es sicher interessant anzumerken, dass der ehemalige und erste AARO-Direktor Dr. Séan Kirkpatrick, nach und seit seinem Ausstand als AARO-Direktor beim „Oak Ridge National Laboratory“ den Posten des „Chief Technology Officer for Defense and Intelligence Programs“ übernommen hat. https://www.ornl.gov/staff-profile/sean-m-kirkpatrick)

Im Folgenden hat GrenzWissenschaft-Aktuell.de die ergänzende AARO-Zusammenfassung der ORNL-Analyse (den vollständigen Laborbericht im Original finden Sie HIER) übersetzt und veröffentlicht diese Übersetzung unkommentiert im Wortlaut.

– Die ergänzende Zusammenfassung der Analyseergebnisse durch AARO im englischen Original finden Sie HIER

All-domain Anomaly Resolution Office
Ergänzung zur Analyse einer Metallprobe des Oak Ridge National Laboratory
Juli 2024

Überblick
2022 beauftragte das All-domain Anomaly Resolution Office (AARO) das Oak Ridge National Laboratory (ORNL) mit Materialuntersuchungen an einer Magnesium (Mg)-Legierungsprobe. Diese Probe soll angeblich von einem 1947 abgestürzten außerirdischen Fahrzeug stammen und außergewöhnliche Eigenschaften aufweisen, wie die Funktion als Terahertz-Wellenleiter zur Erzeugung von Antigravitationsfähigkeiten. Im April 2024 erstellte ORNL eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die die Methodik des Labors zur Bewertung der elementaren und strukturellen Eigenschaften dieser Probe dokumentiert und die auf der AARO-Website verfügbar ist.

Das ORNL bewertete diese Probe als terrestrischen Ursprungs und stellte fest, dass sie nicht den theoretischen Anforderungen entspricht, um als Terahertz (THz)-Wellenleiter zu fungieren. AARO stimmt der Bewertung von ORNL zu und liefert ergänzendes Material, um den historischen Kontext zu berücksichtigen und die wahrscheinliche Herkunft zu erklären.

Die Eigenschaften der Probe sind konsistent mit Mg-Legierungsforschungs- und Entwicklungsprojekten sowie experimentellen Herstellungsmethoden aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.

ORNL-Materialtests
AARO beauftragte ORNL mit der Durchführung von Materialmessungen zur Bestimmung:

    • Ob diese Probe terrestrischen Ursprungs ist.
    • Ob diese Probe als THz-Wellenleiter dienen könnte.

Das ORNL maß die Isotopenverhältnisse von Mg und Blei (Pb) in der Probe und verglich die Werte mit Massenstandards. Die Isotopenzusammensetzung eines Materials kann wertvolle Informationen über seine Herkunft und Geschichte liefern. Die Mg-Isotopenzusammensetzung der Probe liegt innerhalb der erwarteten Werte für ein terrestrisches Material, das einer kinetischen Fraktionierung unterzogen wurde, was auf einen wahrscheinlichen terrestrischen Ursprung hindeutet. Das Pb-Isotopenverhältnis stimmt mit den in terrestrischem Blei gefundenen Verhältnissen überein, was diese Schlussfolgerung weiter unterstützt. Das ORNL fand die Isotopenzusammensetzung dieses Materials unauffällig. Die Mg- und Pb-Verhältnisse der Probe liegen innerhalb der Standardwerte für hergestellte Materialien, was darauf hinweist, dass es sich nicht um ein einzigartiges oder ungewöhnliches Material handelt.

Die elementare und strukturelle Analyse kann helfen festzustellen, ob eine Struktur die Eigenschaften eines Wellenleiters aufweist. Ein Wellenleiter ist eine Struktur, die die Ausbreitung von Wellen begrenzt und lenkt. Wellenleiter sind für viele Technologien von entscheidender Bedeutung. Das ORNL untersuchte die elementare Zusammensetzung und Kristallstruktur der oberen Schicht der Probe und fand Bismut (Bi) in fast gleichen Teilen mit Pb. In der hochauflösende Elementkartierung zeigen sich wiederholende Schichten von Bi- und Pb-Bänderungen in der gesamten Probe und eine Zink (Zn)-Konzentration von 1-4 Gew.-%. Die strukturelle Analyse zeigt säulenförmige Mg-Körner, die senkrecht zur Bi- und Pb-Bänderung stehen.

Laut Podolskiy et al. kann Bi theoretisch als Wellenleiter fungieren, wenn es als einzelne kristalline Schicht zwischen Oberflächen mit ausreichenden Dielektrizitätskonstanten existiert. Als einzelne kristalline Schicht zeigt Bi anisotrope Eigenschaften. Anisotrope Eigenschaften bewirken, dass sich elektromagnetische Wellen ungleichmäßig entlang verschiedener Achsen ausbreiten. Podolskiy et al. behaupten, dass eine monokristalline Schicht von Bi genügend Anisotropie aufweist, um THz-Frequenzwellen zu leiten. Die gemischte Zusammensetzung dieser Probe mit Pb zeigt jedoch, dass Bi nie als reine Schicht existierte, unabhängig von eventuellen Verarbeitungseffekten, die die Kristallstruktur verändert haben könnten. Daher erfüllen die elementaren und strukturellen Eigenschaften dieser Probe nicht die Bedingungen, um theoretisch als Wellenleiter zu fungieren

Das ORNL und AARO konnten nicht feststellen, ob diese Probe ein Fragment eines größeren Objekts war. Die Delamination, Oxidation und strukturellen Eigenschaften dieser Probe sind jedoch konsistent mit der Einwirkung von Umwelteinflüssen und mechanischen Belastungen im Laufe der Zeit. In ihrer aktuellen Form repräsentiert die Probe wahrscheinlich nicht ihre ursprüngliche Konfiguration, ihren ursprünglichen Zustand oder ihre ursprüngliche Anwendung. Trotz dieser erschwerenden Faktoren zieht AARO aus den ORNL-Ergebnissen zwei klare Schlussfolgerungen:

Erstens sind die physikalischen Eigenschaften der Probe konsistent mit einem Material terrestrischen Ursprungs. Materialien weisen eine vorhersehbare Isotopensignatur auf, wenn sie unter terrestrischen Bedingungen gebildet und diesen ausgesetzt werden. Die Isotopensignatur dieser Probe ist konsistent mit terrestrischen Signaturen und zeigt keine der erwarteten interstellaren Signaturen.

Zweitens sind die strukturellen und elementaren Eigenschaften der Probe nicht konsistent mit den anisotropen Eigenschaften, die erforderlich sind, um theoretisch als Wellenleiter zu fungieren.

Historischer Kontext und wahrscheinliche Herkunft
Beginnend im Jahr 1915 und gipfelnd während des Zweiten Weltkriegs gab es umfangreiche inländische Forschungen zu Mg-Legierungen für Flugzeugzellen, Motoren, Waffen und Liefersysteme. Zu dieser Zeit verstanden die Forscher Mg-Korrosion und andere Versagensmechanismen nicht vollständig. Viele Projekte untersuchten Magnesium-Zink (Mg-Zn)-Legierungen mit 1-4 Gew.-% Zn in Mg. Andere Projekte untersuchten die Auswirkungen von Pb- und Bi-Zusätzen auf Mg-Legierungen zur Korrosionsbeständigkeit. Diese Forschung ergab, dass sich Pb und Bi aufgrund der geringeren Oberflächenspannung an der Oberfläche konzentrieren würden, was mit der Bänderung in dieser Probe übereinstimmt. Die Kornstruktur der Probe, die Zn-Konzentration und die Bi/Pb-Bänderung sind ebenfalls konsistent mit Ungleichgewichtsprozessen wie der Dampfabscheidung in einer Vakuumkammer, die Verunreinigungen enthalten könnte. Vor 1970 waren die Herstellungstechniken der Dampfabscheidung nicht vollständig ausgereift, und es war eine Herausforderung, makellose dünne Filme zu erzeugen.

Forschung, Entwicklung, Tests und Evaluierung sind ein iterativer Prozess von Versuch und Irrtum. Dieser Prozess setzt Testobjekte Bedingungen aus, die darauf abzielen, Materialgrenzen zu bewerten und Versagensmodi zu identifizieren. Historisch gesehen hat die wissenschaftliche Gemeinschaft fehlgeschlagene Experimente nicht umfassend dokumentiert. Viele experimentelle Mg-Legierungen scheiterten aus Gründen, die zum Zeitpunkt der Tests nicht gut verstanden wurden, z. B. Spannungsrisskorrosion. Es ist nicht überraschend, dass Aufzeichnungen über gescheiterte Mg-Legierungsdesigns spärlich sind. Weder AARO noch das ORNL konnten die historische Herkunft der Probe verifizieren. Nicht verifizierbare, widersprüchliche persönliche Berichte verkomplizieren ihre undokumentierte Kette des Besitzes. Unabhängig von der Zuordbarkeit der Probe zu einem bestimmten Forschungsprojekt ist sie konsistent mit gut dokumentierten Mg-Legierungsforschungsprojekten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und ansonsten unauffällig.

Schlussfolgerung AARO stimmt den Ergebnissen von ORNL zu, dass die Isotopenzusammensetzung der Probe auf einen terrestrischen Ursprung hinweist.

Das AARO stimmt auch den Ergebnissen von ORNL zu, dass ihre physikalischen und elementaren Eigenschaften nicht mit der Funktion als THz-Wellenleiter vereinbar sind. Unter Berücksichtigung aller verfügbaren Beweise bewertet AARO diese Probe wahrscheinlich als Testobjekt, als Produkt oder Nebenprodukt der Herstellung oder als Materialkomponente von Luft- und Raumfahrttests, um die Eigenschaften von Mg-Legierungen zu bewerten.

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Bis zum Redaktionsschluss dieser Meldung lagen noch keine Kommentare von Beteiligten an früheren Untersuchungen, etwa von Puthoff und Kollegen vor. Der Standford-Genetiker Dr. Garry Nolan, der für sein offenes Interesse und Analysen am und zum UFO-Thema bekannt ist, kommentierte die Veröffentichung der ORNL-Analyse durch AARO auf „X“ derweil wie folgt:

„Solange AARO nicht die Rohdaten hinter den Abbildungen veröffentlicht, damit andere die Ergebnisse unabhängig überprüfen können, bleibt dieser Bericht lediglich eine Sammlung von ‚Schlussfolgerungen‘, nicht von Daten. Auch gab es kein Peer-Review-Verfahren. Weiß AARO überhaupt, was das für die Glaubwürdigkeit eines Berichts bedeutet? Es bedeutet, dass die Ergebnisse UNVERIFIZIERT [sic.] sind. Das deutet auf eine Medieninszenierung hin, nicht auf Wissenschaft.“ (…) Es wäre fantastisch, wenn diese Ergebnisse stimmen. Denn das würde bedeuten, dass eine „außergewöhnliche Behauptung“ durch einfache (und eben nicht außergewöhnliche) Beweise aufgelöst wurde. Das würde wiederum bedeuten, dass mehr Zeit dafür zur Verfügung stehen würde, den Fokus auf wirklich interessante Daten zu richten. AARO sollte also die Rohdaten veröffentlichen, wenn sie diese Sache wirklich ordentlich abschließen wollen.“

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Recherchequelle: AARO, eigene Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

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