Treibhausgase könnten außerirdische Zivilisationen verraten

Geschrieben am 08.07.2024
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 3 Minuten Riverside (USA) – Würde eine außerirdische Zivilisation das Klima ihres Planeten durch künstliche Treibhausgase in ähnlicher Weise verändern, wie wir es mit der Erde tun oder sogar absichtlich, so wären diese Zivilisationen anhand dieser Signaturen schon heute mit unseren Teleskopen erkennbar. „Während wir hier auf der Erde künstliche Treibhausgase minimieren sollten, um die Klimaerwärmung in […]Lesezeit: ca. 3 Minuten
Künstlerische Darstellung unterschiedlicher planetarer Technosignaturen (Illu.).Copyright: Sohail Wasif/UC Riverside

Künstlerische Darstellung unterschiedlicher planetarer Technosignaturen (Illu.).
Copyright: Sohail Wasif/UC Riverside

Riverside (USA) – Würde eine außerirdische Zivilisation das Klima ihres Planeten durch künstliche Treibhausgase in ähnlicher Weise verändern, wie wir es mit der Erde tun oder sogar absichtlich, so wären diese Zivilisationen anhand dieser Signaturen schon heute mit unseren Teleskopen erkennbar.

„Während wir hier auf der Erde künstliche Treibhausgase minimieren sollten, um die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen, könnten diese und ähnliche Gase auf Planeten in anderen Systemen auch absichtlich eingesetzt worden sein, um einen ursprünglich lebensfeindlichen Planeten durch sogenanntes Terraforming lebensfreundlich zu machen“, erläutert der Astrobiologe Edward Schwieterman von der University of California in Riverside (UCR).

Er und sein Team haben Simulationen zu potenziellen Klimagasen auf Planeten des nur 40 Lichtjahre entfernten Planetensystem TRAPPIST-1 mit sieben erdartigen Planeten durchgeführt, wie sie auf der Erde zu industriellen Zwecken und konkret zur Herstellung von Computerchips genutzt werden. Zu diesen Gasen gehören neben fluoriertem Methan, Ethan, Propan sowie Stickstoff-, Fluor- und Schwefelgase. Da diese Form der Gase in der uns bekannten Natur nicht in ausreichenden Mengen vorkommen, um sich auf ein globales Klima auszuwirken, wäre ihre Detektion in eben solchen Mengen in der Atmosphäre eines fernen Exoplaneten vermutlich ein deutlicher Hinweis auf eine dortige industriell und technologisch fortgeschrittene Zivilisation.

Wie die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um Schwietermann aktuell im The Astrophysical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-4357/ad4ce8) weiter berichten, könnten derartige Konzentrationen schon heute, als sogenannte Technosignaturen etwa mit dem James Webb Weltraumteleskop (JWST) oder anderen kommenden Großteleskopen der nächsten Generation detektiert werden.

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Bei den untersuchten Gasen handelt es sich zudem um sehr starke Treibhausgase: “Schwefelhexafluorid hat beispielsweise eine 23.500-fach größere klimatische Erwärmungswirkung als Kohlendioxid”, so die Forschenden. “Schon eine kleine, aber unnatürliche Menge davon könnte auf einen gefrorenen Planeten ein mildes Klima erzeugen, bei dem Wasser in flüssiger Form auf der Planetenoberfläche existieren kann.“ Zudem sind die besagten Gase extrem langlebig und würden in einer erdähnlichen Atmosphäre bis zu 50.000 Jahre erhalten bleiben. Auch diese Eigenschaft mache sie zu idealen Kandidaten für das angedachte Terraforming, so Schwietermann.

Während zuvor bereits andere Gase wie FCKWs als mögliche Technosignaturen vorgeschlagen wurden, weil es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um reine künstliche Gase handeln würde, zeigen sich die an der aktuellen Studie beteiligten Forscherinnen und Forscher hierzu eher kritisch: FCKW-ähnliche Gase wären aufgrund ihrer schädlichen Wirkung für diesen Prozess eher riskant bis gefährlich, da sie bekannterweise die Ozonschicht schädigen. „Sollte eine ferne Zivilisation über eine sauerstoffreiche Atmosphäre verfügen, so hätte diese Welt auch eine Ozonschicht, die sie sicherlich erhalten wollten.“ Zudem seien FCKWs wesentlich kurzlebiger und sehr viel schwieriger nachzuweisen.

Fluorierte Gase hingegen müssen infrarote Strahlung absorbieren, um sich auf ein Klima auswirken zu können. „Dieser Absorptionsvorgang würde mit einer einzigartigen Infrarotsignatur einhergehen, die etwa mit Weltraumteleskopen wie dem JWST schon heute oder in sehr naher Zukunft in nahen Planetensystemen detektiert werden könnten.“

„In einer erdartigen Atmosphäre würde schon eines von einer Million Molekülen dieser Gase ausreichen, um sowohl das Klima zu verändern als auch potenziell nachweisbar zu sein“, so Schwieterman.

Simulierte qualitative Mittel-Infrarot-Transmissions- und Emissionsspektren eines hypothetischen erdähnlichen Planeten, dessen Klima durch künstliche Treibhausgase verändert wurde.Copyright: Sohail Wasif/UCR

Simulierte qualitative Mittel-Infrarot-Transmissions- und Emissionsspektren eines hypothetischen erdähnlichen Planeten, dessen Klima durch künstliche Treibhausgase verändert wurde.
Copyright: Sohail Wasif/UCR

Während die Studie von Schwietermann, Kolleginnen und Kollegen die Wahrscheinlichkeit einer solchen Detektion in naher Zukunft nicht angeben können, zeigen sie sich dennoch zuversichtlich, dass diese mit JWST oder auch dem sich derzeit in der Planungsphase befindenden europäischen Weltraumteleskop „LIFE“ ein Nachweis der beschriebenen Gase – so vorhanden – schon in absehbarer Zeit möglich wäre.

Ein weiterer Vorteil dieser Form der Suche nach Technosignaturen: „Es bräuchte keine eigenen neuen Aufwände, um sie zu finden, wenn Teleskope wie James Webb ein nahes System sowieso absuchen.“

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Recherchequellen: UCR

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