Bestandteile der RNA in Proben des erdfernen Asteroiden Ryugu nachgewiesen

Geschrieben am 22.03.2023
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 3 Minuten Hokkaido (Japan) – In Bodenproben, die die japanische Sonde „Hayabusa2“ vom Asteroiden Ryugu entnommen und zurück zur Erde gebracht hat, haben japanischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stickstoffreiche organische Verbindungen entdeckt. Darunter auch die Nukleinbase Uracil, ein Baustein der RNA und Vitamin B3. Wie das Team um Professor Yasuhiro Oba von der Hokkaido University und der japanischen […]Lesezeit: ca. 3 Minuten
Infografik zur Probenahme von Materialien auf dem Asteroiden Ryugu durch die Raumsonde „Hayabusa2“, in denen nun Uracil und Niacin nachgewiesen werden konnten (Illu.).Copyright: NASA Goddard/JAXA/Dan Gallagher

Infografik zur Probenahme von Materialien auf dem Asteroiden Ryugu durch die Raumsonde „Hayabusa2“, in denen nun Uracil und Niacin nachgewiesen werden konnten (Illu.).
Copyright: NASA Goddard/JAXA/Dan Gallagher

Hokkaido (Japan) – In Bodenproben, die die japanische Sonde „Hayabusa2“ vom Asteroiden Ryugu entnommen und zurück zur Erde gebracht hat, haben japanischen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stickstoffreiche organische Verbindungen entdeckt. Darunter auch die Nukleinbase Uracil, ein Baustein der RNA und Vitamin B3.

Wie das Team um Professor Yasuhiro Oba von der Hokkaido University und der japanischen Raumfahrtagentur JAXA aktuell im Fachjournal “Nature Communications ” (DOI: 10.1038/S41467-023-36904-3) berichtet, handelt es sich bei Uracil um eine der Informationseinheiten, aus denen die irdische RNA und damit jene Moleküle bestehen, die die Anleitung zum Bau lebender Organismen beinhaltet. Neben Uracil konnten die Forschenden in den Ryugu-Proben auch Nicotinsäure (Vitamin B3 bzw. Niacin) und damit ein wichtiges Stoffwechselelement in lebenden Organismen nachweisen.

Für Oba und sein Team stellen die Entdeckungen auf Ryugu die jüngsten Beweise dafür dar, dass die Bausteine des Lebens auch im Weltraum entstehen könnten und somit auch die Grundlagen des irdischen Lebens im All entstanden und mit Fragmenten von Körpern wie Ryugu auf die junge Erde gelangt sein könnten.

Hintergrund
Uracil (U, Ura) ist eine der vier wichtigsten Nukleinbasen in der RNA, zusammen mit Adenin, Cytosin und Guanin. In der DNA steht an seiner Stelle Thymin. Die Nukleoside von Uracil sind das Uridin in der RNA und das sehr seltene Desoxyuridin in der DNA. Uracil kommt im Körper hauptsächlich an Ribosephosphat gebunden vor, entweder als eines der Nukleotide Uridinmonophosphat (UMP), Uridindiphosphat (UDP) oder Uridintriphosphat (UTP) oder als Bestandteil der Ribonukleinsäure (RNA).

Nicotinsäure findet sich in allen lebenden Zellen und wird in der Leber gespeichert. Sie bildet einen wichtigen Baustein verschiedener Coenzyme (NAD, NADP) und ist in dieser Form von zentraler Bedeutung für den Stoffwechsel von Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten. Gegenüber Hitze, Licht und dem Luftsauerstoff ist Nicotinsäure weniger empfindlich als andere Vitamine der B-Gruppe.
(Quelle: Wikipedia 1, 2)

„Forschende haben zuvor bereits Nukleobasen und Vitamine in bestimmten kohlenstoffreichen Meteoriten gefunden, aber es blieb bislang immer die Frage der Kontamination durch Kontakt mit der irdischen Umwelt“, so Oba. „Da die Raumsonde Hayabusa2 zwei Proben direkt vom Asteroiden Ryugu gesammelt und in versiegelten Kapseln zur Erde gebracht hat, kann hier eine Kontamination nun ausgeschlossen werden.“

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Uracil entdeckten die Forschenden in den Proben in kleinen Mengen, im Bereich von 6 bis 32 Teilen pro Milliarde (ppb), während Vitamin B3 mit 49 bis 99 ppb häufiger vorkam. In der Probe wurden zudem auch andere biologische Moleküle gefunden, „darunter eine Auswahl von Aminosäuren, Aminen und Carbonsäuren, die in Proteinen bzw. im Stoffwechsel vorkommen.“

Hintergrund

Detailansicht der Ryugu-Oberfläche. Copyright: MASCOT/DLR/JAXA

Detailansicht der Ryugu-Oberfläche.
Copyright: MASCOT/DLR/JAXA

2018 war die Sonde der japanischen Raumfahrtagentur JAXA auf dem rund 200 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Asteroiden erfolgreich gelandet (…GreWi berichtete 1, 2) und hatte daraufhin 2019 rund 5,4 Gramm Bodenproben von der Oberfläche des Asteroiden zurück zur Erde gebracht (…GreWi berichtete). Statt aus nur einem großen Brocken, besteht Ryugu auf einer Vielzahl kleinerer Felsen und rotiert ungewöhnlich schnell, was dem Körper auch seine ungewöhnliche Form verlieh. Als kohlenstoffhaltiger Asteroid vom Typ C beinhaltet Ryugu auch sehr viel organisches Material.

Die in den Proben entdeckten Verbindungen seien den zuvor in kohlenstoffreichen Meteoriten gefundenen Verbindungen zwar ähnlich, aber nicht gänzlich mit diesen identisch. Die Forschenden selbst vermuten, dass die unterschiedlichen Konzentrationen in den beiden Proben, die an unterschiedlichen Orten auf Ryugu entnommen wurden, auf die unterschiedlichen Bedingungen auf dem Asteroiden und dort unterschiedlich einwirkenden Einflüssen zurückgehen. Zudem vermuten sie, dass die stickstoffreichen Verbindungen zumindest teilweise aus einfacheren Molekülen wie Ammoniak. Formaldehyd und Wasserstoffzyanid entstanden, die zwar selbst nicht in den Ryugu-Proben gefunden wurden, von denen aber bekannt ist, dass sie in Kometeneis vorhanden sind – Ryugu selbst könnte der nackte Kern eines einstigen Kometen oder eines anderen Mutterkörpers sein, der einst unter Niedrigtemperaturen existierte (…GreWi berichtete).

Ansichten der beiden Ryugu-Proben.Quelle: Oba et al., Nat. Commun., 2023

Ansichten der beiden Ryugu-Proben.
Quelle: Oba et al., Nat. Commun., 2023

„Die Entdeckung von Uracil und den Ryugu-Proben stützt derzeitige Theorien zur Quelle der Nukleobasen auf der frühen Erde“, erklärt Oba abschließend. „Auch die OSIRIS-REx-Mission der NASA wird noch in diesem Jahr Proben vom Asteroiden Bennu zurück zur Erde bringen, die dann mit den Ryugu-Proben und den darin gemachten Entdeckungen verglichen werden können.“




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Recherchequelle: Hokkaido University

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