Biologische Signale: Sauerstoff-Isotop in der Hochatmosphäre verrät Leben auf Planeten

Geschrieben am 13.03.2023
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 3 Minuten Bonn (Deutschland) – Bei Untersuchungen der oberen Erdatmosphäre konnten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erstmals ein erhöhtes Vorkommen des Sauerstoff-18-Isotops (18O) als Folge biologischer Prozesse nachweisen. Die Beobachtung könnte auch Leben auf anderen Planeten aufzeigen. Schon zuvor hatten Analysen ein erhöhtes Vorkommen des Sauerstoff-18-Isotops (18O) nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um eine Form des Sauerstoffs dessen Atome […]Lesezeit: ca. 3 Minuten
Symbolbild: Lebensfreundlicher Planet (Illu.). Copyright: Andreas Müller, grewi.de

Symbolbild: Lebensfreundlicher Planet (Illu.). Copyright: Andreas Müller, grewi.de

Bonn (Deutschland) – Bei Untersuchungen der oberen Erdatmosphäre konnten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erstmals ein erhöhtes Vorkommen des Sauerstoff-18-Isotops (18O) als Folge biologischer Prozesse nachweisen. Die Beobachtung könnte auch Leben auf anderen Planeten aufzeigen.

Schon zuvor hatten Analysen ein erhöhtes Vorkommen des Sauerstoff-18-Isotops (18O) nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um eine Form des Sauerstoffs dessen Atome 10 Neutronen anstelle der acht Neutronen enthalten, die in Sauerstoff-16 (16O), dem häufigsten Isotop des Elements, vorkommen. Hinzu weist Sauerstoff in der unteren Erdatmosphäre aufgrund biologischer Prozesse einen höheren Anteil an 18O auf als die Sauerstoffatome in den irdischen Ozeanen. Dass dieser Effekt aber auch in der oberen Atmosphäre fortbesteht, die schließlich einer stärkeren Störung durch die UV-Strahlung der Sonne und den Sonnenwind ausgesetzt ist, war bislang unklar.

Wie das Team um Helmut Wiesemeyer vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn im Fachjournal „Physical Review Research“ (DOI: 10.1103/PhysRevResearch.5.013072) berichtet, nutzten sie für ihre neuen Messungen den GREAT-Empfänger an Bord der fliegenden Sternwarte „SOFIA“. Auf diese Weise konnten sie feststellen, dass der 18O-Anteil in der oberen Atmosphäre dem der unteren Atmosphäre tatsächlich sehr ähnlich ist. Unser Planet gibt also sozusagen biologische Signale nach außen ab.

Hintergrund
Wo verläuft die Grenze zwischen der Erdatmosphäre und dem Weltraum? Eine scheinbar einfache Frage, auf die es jedoch keine eindeutige Antwort gibt. In der Luft- und Raumfahrt wird auf die so genannte Kármán-Linie verwiesen, die bei einer Höhe von 100 km über dem Meeresspiegel verläuft. Es handelt sich dabei um eine Höhe, in der der hydrodynamische Auftrieb definitiv aufhört, oder in der Satelliten aufgrund der Reibung mit der Luft in der oberen Atmosphäre noch keine stabile Umlaufbahn um die Erde einnehmen können. Andererseits wurde erst kürzlich ein magnetosphärischer Wind entdeckt, der von der Ionosphäre der Erde bis zum Mond vordringt und die Isotopenzusammensetzung des Mondbodens, der dem Sonnenwind ausgesetzt ist, kontaminiert. (Quelle: MPIfR)

„Dieser terrestrische Fingerabdruck könnte als einzigartig im Sonnensystem gelten, da er möglicherweise eine Signatur der biologischen Aktivität auf der Erde trägt“, zitiert die MPIfR-Pressemitteilung die Forschenden. „Tatsächlich gibt es in der unteren Atmosphäre im Verhältnis zum leichteren und häufigeren Isotop 16O mehr schweren Sauerstoff (18O) als im Meerwasser. Diese Ungleichheit ist als Dole-Effekt bekannt und lässt sich folgendermaßen verstehen: Sauerstoff entsteht als Abfallprodukt der Photosynthese und übernimmt seine Isotopenzusammensetzung von derjenigen des beteiligten Wassers, während die Atmung bevorzugt die leichtere Version des Sauerstoffs zerstört. Durch eine effiziente vertikale Durchmischung wird diese gut untersuchte Biosignatur bis in die Stratosphäre getragen. Eine weitere Durchmischung der Luft in die noch höheren Atmosphärenschichten (Mesosphäre und Thermosphäre) wurde bereits vor einem Jahrzehnt nachgewiesen. Die Thermosphäre ist der Ausgangspunkt für den Wind von Sauerstoffionen, die in die Plasmaschicht der Erde eindringen, doch ist ihre isotopische Sauerstoffzusammensetzung noch unbekannt.“

www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +

Bei ihren Versuchen, die Isotopenzusammensetzung von Sauerstoff in der Mesosphäre und unteren Thermosphäre der Erde aus der Ferne zu messen, nutzen die Forschenden nun  einen relativistischen Effekt, durch den sich der elektronische Grundzustand von atomarem Sauerstoff in drei Feinstrukturniveaus aufspaltet.

Auf diese Weise konnte zum ersten Mal die spektroskopische Signatur der Isotopenverschiebung in Spektrallinien von atomarem Sauerstoff in der Natur fernab irdischer Labore identifiziert werden. Aus den Messungen des Stratosphärenobservatoriums konnten die Forschenden Werte ableiten, „die für die untere Atmosphäre typisch sind, aber nicht für den Sonnenwind, der dort dominiert, wo das interplanetare Magnetfeld dasjenige der Erde ablöst“.

Allerdings stehe eine endgültige Entscheidung noch aus: „Mit der Empfindlichkeit der publizierten Messungen kann noch nicht entschieden werden, ob das biogene Isotopenverhältnis des molekularen Sauerstoffs in der Troposphäre oder das Isotopenverhältnis des stratosphärischen Ozons aufgespürt wird.“ Hierzu seien noch weitere Messungen erforderlich.




Lassen sich die Messungen noch weiter präzisieren könnte die Beobachtung auf für zukünftige Missionen und die Suche nach Leben auf fernen Planeten übertragen werden. Auf diese Weise könnte dann vielleicht schon aus größerer Distanz biologische Signaturen eines Planeten detektiert und bestimmt werden.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Photosynthetische habitable Zone: Studie konzentriert Suche nach außerirdischem Leben auf 5 Planeten 8. März 2023

Recherchequelle: MPIfR

© grenzwissenschaft-aktuell.de