Neue Informationen zu UFO-Untersuchungen und Positionen deutscher Ministerien und Behörden

Geschrieben am 07.03.2023
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 7 Minuten Saarbrücken (Deutschland) – Während sich das mediale Interesse an den Abschüssen bis heute immer noch unidentifizierter Flugobjekte über Nordamerika massiv abgeschwächt hat, hat der US-Militärjournalist Tim McMillan die Regierungen unterschiedlicher Staaten zu deren Positionen und mögliche Aktivitäten in Folge der „UFO-Abschüsse“ kontaktiert. Anfragen gingen auch an das deutsche Bundesverteidigungsministerium (BMVg). – Tim McMillans Originalartikel „Global […]Lesezeit: ca. 7 Minuten
Symbolbild (Illu).Copyright: grewi.de

Symbolbild (Illu).
Copyright: grewi.de

Saarbrücken (Deutschland) – Während sich das mediale Interesse an den Abschüssen bis heute immer noch unidentifizierter Flugobjekte über Nordamerika massiv abgeschwächt hat, hat der US-Militärjournalist Tim McMillan die Regierungen unterschiedlicher Staaten zu deren Positionen und mögliche Aktivitäten in Folge der „UFO-Abschüsse“ kontaktiert. Anfragen gingen auch an das deutsche Bundesverteidigungsministerium (BMVg).

– Tim McMillans Originalartikel „Global Allies Turn a Blind Eye to Adversarial Airborne Surveillance and UAP Despite U.S. Warnings“ finden Sie HIER

Einhergehend mit der Veröffentlichung seiner Rechercheergebnisse auf TheDebrief.com hat McMillan auch mit dem Herausgeber von Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) und Autor des Buches „Deutschlands UFO-Akten“, Andreas Müller, zusammengearbeitet und erläutert im Folgenden exklusiv seine neuen Erkenntnisse zu den Positionen des Bundesverteidigungsministeriums.

Andreas Müller: Tim, wie Sie wissen, habe auch ich sogar schon recht oft das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) in Sachen UFOs kontaktiert. Ich habe nach früheren UFO-Untersuchungsprogrammen, aktuellen Positionen und danach gefragt, ob und in welcher Weise sich auch Deutschland an den neusten UFO- bzw. UAP-Untersuchungen der USA beteiligt. Die BMVg-Sprecher haben meist jedoch ein solches Interesse oder gar Teilnahme an Untersuchungen von UFO-Vorfällen verneint und meist darauf verwiesen, dass man die Aktivität anderer Staaten grundsätzlich nicht kommentiere (…GreWi berichtete 1, 2). Erst in der Folge der jüngsten Abschüsse unidentifizierter Flugobjekte über Nordamerika hat das BMVg kürzlich dann erstmals und ebenso zaghaft eingestanden, dass man bei der Untersuchung von unidentifizierten Flugobjekten im „engen vertraulichen Austausch mit den Bündnispartnern“ stehe (…GreWi berichtete). Was waren die Antworten, die Sie vom BMVg dazu bekommen haben?

Tim McMillan

Tim McMillan

Tim McMillan: Das BMVg hat mir gesagt, dass es in Deutschland seit 2003 ein System gegeben habe, durch das UFO-Sichtungen an das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum (NLFZ SiLuRa) gemeldet werden konnten. Laut den Aussagen des BMVg-Sprechers konnten aber „alle ursprünglich als unbekannt oder unidentifiziert gemeldeten Phänomene identifiziert werden (etwa als Weltraumschrott, Wetterphänomene, Überschallknalle usw.). Aus diesem Grund sieht das BMVg keine Begründung dafür, das Thema UAP weiter zu verfolgen.“

Müller: Verstehe. Die Erklärung, dass das NFLZ SiLuRa der Ort bzw. die Stelle war (oder immer noch ist) an die UFO-Sichtungen gemeldet wurden, war hier bereits bekannt. Was aber sicher nicht der Fall war, dass es sich dabei sozusagen um eine offizielle UFO-Meldestelle handelte, an die etwa auch Zivilpersonen UFO-Sichtungen melden konnten und diese dann dort auch eingehend bis hin zu einer Identifizierung untersucht wurden. Soweit bekannt war, stand das NFLZ SiLuRa für Meldungen, die von Behörden oder Militär gezielt an es herangetragen wurden, als Ansprechstelle zur Verfügung. Es wurden aber keine Akten zu identifizierten Fällen aufgehoben bzw. nach 15 Jahren vernichtet (siehe: „Deutschlands UFO-Akten“, S. 377f.). Zudem ergaben die Anfragen unterschiedlicher Forscher, dass man sich (inoffiziell) beim NFLZ SiLuRa nicht sonderlich für UFO-Meldungen interessiere. Aber vielleicht haben Sie zu solchen Akten ja mehr erfahren?

McMillan: Ich habe beim BMVg auch angefragt, ob ich Einsicht in die UFO-Akten des NLFZ SiLuRa nehmen könnte. Hierzu hat man auch mir aber gesagt, dass man „keine Akten oder Statistiken über die Identifikation von Teilnehmern im Luftraum oder ursprünglich unidentifizierten Phänomenen aufbewahre, wenn man diese vollständig identifizieren konnte.“

Müller: Welche weiteren Fragen haben Sie dem BMVg-Sprecher gestellt?

McMillan: Ganz konkret habe ich gefragt, ob das BMVg ähnliche formelle Schritte wie die USA unternommen hat, um Berichte über unidentifizierte Phänomene im Luftraum oder Flugobjekte mit ungewöhnlichen Flugeigenschaften, die keinen bekannten Luftraum-Plattformen zugeschrieben werden können, zu untersuchen, wenn diese von Bundeswehrpersonal gesichtet und berichtet werden.

Die Antwort darauf war folgende: „Unser Personal nutzt bewährte Meldemechanismen, um zunächst unbekannte Sichtungen zu melden. Zum Beispiel: Ein Pilot kann ein unbekanntes oder ungewöhnliches Lichtphänomen über einen sog. Pilotenbericht (Pilot Report) an die Luftraumüberwachung oder über seinen zuständigen Luftsicherheitsoffizier melden. Zivilisten können solche Sichtungen der lokalen Polizei melden. Wenn notwendig, werden diese Informationen dann an das NFLZ SiLuRa zur eingehenderen Analyse überstellt. Bis heute wurden alle ursprünglich unbekannten oder unidentifizeirten Phänomene identifiziert. Beispielsweise als Weltraummüll, Wetterphänomene, Lichtwolken, Überschallknalle usw. Deshalb sieht das BMVg keinen Grund UAP zu untersuchen und verfügt auch über keine Informationen über UAP.“

Müller: Diese Sache mit den „Pilotenberichten“, diese Information erscheint mir neu. Haben Sie noch mehr dazu herausgefunden?

McMillan: Ich habe natürlich auch gefragt, ob ich Kopien von einigen dieser Pilotenberichte bekommen könnte. Leider wurde mir auch hier gesagt, dass man diese nicht aufbewahre und auch keine Statistiken anfertige. Grundsätzlich haben Sie mir also gesagt, dass man aber auch weiterhin UAP melden könne. Allerdings habe man bislang sämtliche dieser Meldungen positiv identifizieren können. Zumindest ist es das, was man offiziell erklärt.

Ich habe auch gefragt, ob die USA bereits Informationen über ihre UAP-Untersuchungen mit Deutschland geteilt habe. Offiziell hieß es dazu: „Wir stehen in stetigem und engem Austausch mit allen unseren Partnern über Sicherheitsfragen und Entwicklungen, die das NATO-Territorium betreffen, das beinhalte auch den Luftraum. Bitte verstehe Sie aber auch, dass wir keine Details über diesen vertraulichen Austausch veröffentlichen.“

In Gesprächen, die ich sowohl mit Verteidigungsvertretern sowohl aus Deutschland wie auch der USA führen konnte, wurde mir auch berichtet, dass dem BMVg die Möglichkeit angeboten wurde, Geheimdienstberichte und/oder Briefings auf klassifizierter NATO-Ebene durch die UAP Task Force des US-Verteidigungsministeriums zu erhalten. Allerdings konnte man mir bislang nicht bestätigen, ob BMVg-Mitarbeiter tatsächlich diese Materialien oder Briefings erhalten haben.

Müller: Auf Anfrage wurde mir noch im Januar 2023 von einem BMVg-Sprecher erklärt, dass es keine solchen Unterrichtungen gegeben habe (…GreWi berichtete).

Müller: Die Ergebnisse meiner eigenen Recherchen zum Buch sowie frühere Arbeiten von Kollegen wie etwa dem UFO-Forscher Illobrand von Ludwiger haben gezeigt – und wurden auch offiziell bestätigt – dass zumindest in Deutschland, Österreich und Europa – die Radarfilter so eingestellt sind, dass exotische Flugobjekte oder Signale mit exotischen Eigenschaften (Extremgeschwindigkeiten und -beschleunigungen, plötzliches Stillstehen in der Luft, Zickzackflug usw.) automatisch aussortiert und von den Bildschirmen gelöscht werden, um einen nutzbaren Radarbetrieb zu gewährleisten. UFOs im eigentlichen Sinn können also gar nicht geortet werden (…GreWi berichtete). Durch die jüngsten Abschüsse unidentifizierter Flugobjekte über Nordamerika wurde nun auch bekannt, dass auch die Radars der USA neu justiert werden mussten, um etwa auch kleine, sich langsam bewegende Objekte in großer Höhe (etwa Ballone) überhaupt detektieren zu können. Haben Sie in Ihren Gesprächen mit dem BMVg-Sprecher auch hierzu etwas herausgefunden?

McMillan: Das BMVg hat mir gesagt, dass es auch vor dem Hintergrund der jüngsten Ballon-Ereignisse über den USA keine Veränderungen in der Doppler-Frequenz der deutschen Radarsysteme gegeben haben, um so auch extrem langsame oder auch sich extrem schnell bewegende Objekte detektieren zu können.

Andreas Müller

Andreas Müller

Müller: Das ist natürlich sehr interessant und ich habe beim BMVg am 03.03.2023 um eine Bestätigung dieser Information gebeten und diese noch am 06.03.2023 Tag erhalten:

„Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ein Kernauftrag der Luftwaffe ist die Wahrung und Sicherstellung der Lufthoheit des Luftraumes auf NATO- und Bundesebene. Dazu überwacht sie den Luftraum Deutschlands mit Radarflug- und Leitzentralen, den sogenannten Einsatzführungsbereichen, und hält reaktionsfähige Jagdflugzeugverbände bereit.

Für eine Lagebeurteilung greifen die Soldatinnen und Soldaten auf 18 militärische und über 50 zivile Radargeräte zurück, zudem stehen sie in ständigem Kontakt zur Deutschen Flugsicherung. Eine Anpassung unserer Radargeräte ist dafür nicht notwendig, da eine uneingeschränkte Auftragserfüllung gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir auf die Aussagen des militärischen Leiters des Nationalen Lage- und Führungszentrums für Sicherheit im Luftraum (NLFZ SiLuRa) im ARD-Morgenmagazin am 15.02.2023 hinzuweisen.

Die Aussagen von Oberstleutnant Arne Bremkens (Luftwaffe) im ARD-Morgenmagazin vom 15.02.2023 zur Situation in Deutschland.

Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass die Gefahrenabwehr (auch im Luftraum) in der Verantwortung des Bundesministeriums des Innern liegt. (Bei Bedarf kann hierzu auf einen unterstützenden Einsatz der Alarmrotten, in Verantwortung des Bundesministeriums der Verteidigung, vertreten durch die Luftwaffe, zurückgegriffen werden.)“

www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +

Müller: Tim, einige Ihrer Informationen sind auch für deutsche UFO-Forscher wirklich neu. Vielen Dank dafür! Gibt es weiterhin Informationen, etwa über die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, den USA und dortigen UFO-Untersuchungsbehörde AARO? Wissen Sie, auch wenn dies (wie ja auch in den Antworten an Sie) offiziell verneint wird, so erscheint es doch nur schwer vorstellbar, dass ein derart großer und einflussreicher Bündnispartner wie Deutschland sich für UFOs/UAP gar nicht zu interessieren scheint, während sogar der größte, einflussreichste und mächtigste Bündnispartner, die USA eine eigenen UAP-Untersuchungsstelle eingerichtet und eine weitere Untersuchungsstelle dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt hat. Auch unser anderer Partner und sogar geografischer Nachbar Frankreich hat ja schon seit den 1970-er Jahren eine staatliche UFO-Forschungseinrichtung (GEIPAN).

McMillan: Von Offiziellen in US-Verteidigungs- und Geheimdienstkreisen, die mit den UAP Untersuchungen des Pentagons in den vergangenen Jahren vertraut sind, habe ich erfahren, dass einige der UAP-Berichte des US-Verteidigungsministeriums ganz gezielt als „Releasable to Five Eyes Plus“ klassifiziert wurden, damit auch Australien, Kanada, Neuseeland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Japan und auch Deutschland diese einsehen können.

Als ich dann nachgefragt habe, warum gerade diese Länder Zugang haben, wurde mir erklärt, dass die Streitkräfte dieser Länder auch bei der Luftaufklärung eng miteinander zusammenarbeiten. So besteht beispielsweise die Crew des US-amerikanischen Aufklärungsflugzeuges P-8 Poseidon oder einer RC 135 Rivet Joint aus Besatzungsmitgliedern aus allen der beteiligten acht Länder. Obwohl es sich also um Berichte eines US-Flugzeugs handelt, so können einige UAP-Berichte doch auch Vorfälle beschrieben, an denen Militärpersonal aus diesen Ländern beteiligt war. Man hat mir auch gesagt, dass man mit diesem Vorgehen auch alle anderen Alliierten dazu ermuntern wolle, ihre UAP-Berichte zu teilen.

Wenn man sich beispielsweise die sog. Range-Fowler-Reports anschaut, die jüngst on der US-Navy veröffentlicht wurden, so lautet das ursprüngliche Klassifizerungsstempel „SECRET// REL TO USA, FVEY.“ Hierbei handelt es sich um den Sicherheitsklassifizierungscode für solche Berichte darüber, wer autorisiert ist, dieser berichte einzusehen oder zu erhalten. Was diese Bezeichnung also schlussendlich sagt, ist, dass diese Berichte vom U.S. National Security Classification System als „geheim“ (SECRET), dass sie aber mit Verteidigungs- und Geheimdienstvertretern “Five Ees” (FVEY) geteilt werden können.

In den vergangenen Jahren habe Berlin jedoch seine Geheimdienste ziemlich vernachlässigt und unterfinanziert, besonders die Abteilungen Spionageabwehr und Innere Sicherheit am Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für Verfassungsschutz seien davon betroffen gewesen. Dieser Umstand habe zu Lücken in Schutz Deutschlands vor potenziellen ausländischen Bedrohungen geführt (Anm GreWi: diese Frage stellte sich auch jüngst angesichts der mutmaßlichen Terrorpläne einer Gruppe in Castrop-Rauxel) und das Verhältnis zwischen den US-Geheimdiensten belastet. Mir selbst gegenüber hat noch vor wenigen Jahren ein hochrangiger US-Verteidigungsvertreter Deutschland ans „Alliierte aber nicht Freunde“ bezeichnet.

Dann aber kam es zum Krieg Russlands gegen die Ukraine. Seither hat Deutschland seine Spionageabwehrfähigkeiten signifikant verbessert. Dazu gehört auch, dass man in vielen Dingen wieder sehr viel enger mit den USA und anderen NATO-Alliierten zusammenarbeitet – dazu könnten auch UAP zählen. Über einige Hinweise dafür habe ich bereits im vergangenen Oktober in einem Artikel berichtet, als es um die Detektion verdächtiger Drohnenflüge in der Nähe von deutschen Militärstützpunkten ging, auf denen ukrainische Soldaten ausgebildet wurden.

In Deutschland gibt es 40 verschiedenen U.S. oder NATO-Militäreinrichtungen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass, wenn die USA die UAP-Frage wirklich klären wollen, sie neben anderen engen Alliierten auch Deutschland in diesen Prozess einbinden wollen. Ich persönlich frage mich allerdings, ob die Führung der US-Verteidigung diese Frage tatsächlich wirklich stellen will.

Müller: Das ist wirklich eine wichtige und interessante Frage.
Tim, nochmals vielen Dank für Deine wertvollen und ausführlichen Informationen!




WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Nun Offiziell: Deutschland steht bei der Untersuchung von unidentifizierten Flugobjekten im „engen vertraulichen Austausch mit seinen Bündnispartnern“ 15. Februar 2023
Bundesverteidigungsministerin und Kollegen wurden offiziell nicht zu UFOs gebrieft 12. Januar 2023
Erste Schritte auf dem Weg zu Einrichtung einer offiziellen deutschen UAP-Forschungsstelle 13. Oktober 2022
GreWi EXKLUSIV: Deutsche Luftwaffe betätigt sich offiziell nicht an UAP-Untersuchungen des Pentagon 23. Oktober 2022
Nicht nur in Deutschland: Militär- und Zivilradar „blind“ für UFOs und UAP 31. Januar 2022
GreWi nachgefragt: Neue Bundesregierung – neue Position zu UFOs und UAP? 11. Januar 2022

© grenzwissenschaft-aktuell.de