125 Mio. Jahre alt: Forscher finden organische Moleküle in Zellkernen von Dino-Fossil

Geschrieben am 27.09.2021
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 3 Minuten Peking (China) – Anhand eines ungewöhnlich gut erhaltenen, 125 Millionen Jahre alten Fossils eines vogelartigen Kleinsauriers haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erstmals Zellkerne mit Rückständen von organischen Molekülen und Chromatin, dem Material, aus dem die Chromosomen bestehen, isolieren können. Die Entdeckung zeigt, dass selbst nach derart langer Zeit organisches Material bis heute überdauert haben kann. Jetzt […]Lesezeit: ca. 3 Minuten
Rekonstruktion des am Ufer von Seen in der Liaoning-Provinz verstorbenen und in der Folge versteinerten Caudipteryx (Illu.). Copyright: Zheng Qiuyang

Rekonstruktion des am Ufer von Seen in der Liaoning-Provinz verstorbenen und in der Folge versteinerten Caudipteryx (Illu.).
Copyright: Zheng Qiuyang

Peking (China) – Anhand eines ungewöhnlich gut erhaltenen, 125 Millionen Jahre alten Fossils eines vogelartigen Kleinsauriers haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erstmals Zellkerne mit Rückständen von organischen Molekülen und Chromatin, dem Material, aus dem die Chromosomen bestehen, isolieren können. Die Entdeckung zeigt, dass selbst nach derart langer Zeit organisches Material bis heute überdauert haben kann. Jetzt hoffen die Forschenden auf den Nachweis von Saurier-DNA.

Wie das Team um Prof. Li Zhiheng und Prof. Alida Bailleul Institute of Vertebrate Paleontology and Paleoanthropology (IVPP) an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und Kollegen des Shandong Tianyu Museum of Nature (STM) aktuell im Nature-Fachjournal Communications Biology“ (DOI: 10.1038/s42003-021-02627-8) berichten, handele es sich bei dem Fossil um das eines sog. Caudipteryx, einem gefiederten theropoden Dinosaurier aus der Gruppe der Oviraptorosauria, die während der Unterkreide die Ufer seichter Seen in der heutigen Provinz Liaoning bewohnten. Den Grund für den erstaunlichen Erhaltungszustand des Exemplares sehen die Forschenden in der besonders feinen Vulkanasche, die entsprechende Kadaver bis auf die Zellebene erhalten habe.

Extrahiert wurde das Material aus dem rechten Oberschenkelknochen, der zunächst entkalkt wurde und dann mittels unterschiedlicher mikroskopischer Analysen und chemischer Methoden analysiert wurde. Hierbei habe sich gezeigt, dass hier Zellen durch Silifizierung mineralisiert wurden – ein Grund, den die Forschenden für den guten Erhaltungszustand der Zellen nennen.

Das untersuchte Caudipteryx-Fossil. Copyright/Quelle: Zheng Qiuyang et al., Communications Biology 2021

Das untersuchte Caudipteryx-Fossil.
Copyright/Quelle: Zheng Qiuyang et al., Communications Biology 2021

Bei ihren Untersuchen entdeckten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hauptsächlich zwei Arten von Zellen: Zellen, die noch zur Zeit der Versteinerung gesund waren, und Zellen, die zu diesem Zeitpunkt oder als Folge des natürlichen Zellalterungsprozesses bereits weniger gesund waren: „Gut möglich also, dass diese Zellen bereits am Absterben waren, bevor das Tier selbst verstarb“, kommentiert Prof. Alida Bailleul vom IVPP. Der Zelltod sei ein natürlicher Prozess im Laufe des Lebens eines Tieres. „Dass es aber gelungen ist, eine Zelle in einem versteinerten Körper einem bestimmten Zellzustand zuzuordnen, ist für die Paläonthologie völlig neu.“

Zudem gelang es den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, Zellen aus der Probe zu isolieren die mittels Hämatoxylin biochemisch zu markieren, dass dafür bekannt ist, sich an Zellkerne zu binden. Auf diese Weise können die Forschenden nun also zeigen, dass die 125 Millionen Jahre alten Dinosaurier-Zellen auch heute noch über einen Kern verfügen, der so gut erhalten ist, dass er immer noch einige ursprüngliche Biomoleküle, und Chromatin-Stränge beinhaltet. Chromatin im Innern irdischer Zellen besteht auch dicht gepackten DNA-Molekülen.

Vergleich der mit Hämatoxylin sichtbar gemachten Zellkerne in der Probe eine heutigen Huhns (l.) mit der Probe aus dem Caudipteryx-Fossil (r.). Copyright/Quelle: Zheng Qiuyang et al., Communications Biology 2021

Vergleich der mit Hämatoxylin sichtbar gemachten Zellkerne in der Probe eine heutigen Huhns (l.) mit der Probe aus dem Caudipteryx-Fossil (r.).
Copyright/Quelle: Zheng Qiuyang et al., Communications Biology 2021

Auf diese Weise zeige die Studie, erste Belege dafür, dass Überbleibsel ursprünglicher Dinosaurier-DNA bis heute überdauert haben könnten. Allerdings müsse genau dies anhand weiterer Untersuchungen anhand weiterführender chemischer Methoden noch genauestens überprüft werden.

„Wir wollen ehrlich sein, wir sind natürlich sehr an versteinerten Zellkernen und der Möglichkeit darin erhaltener DNA interessiert“, kommentiert Bailleul, deren Team erst im vergangenen Jahr von der Entdeckung von DNA im Innern eines Entenschnabelsaurier-Fossils aus Montana berichtet hatte (…GreWI berichtete). Jetzt habe man faszinierende weitere und neue Daten, anhand derer man aber erst am Anfang stehe, die Zellbiochemie alter Fossilien und deren Konservierung zu verstehen.

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Bislang ist es Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mittels DNA-Sequenzierung nur DNA in Funden nachzuweisen, die deutlich jünger als eine Million Jahre alt sind. Aus diesem Grund vermuten einige Forscherinnen und Forscher, dass dies anhand von Dinosaurier-DNA, ganz gleich welcher Herkunft, nicht möglich ist.

Vor dem Hintergrund dieser andauernden Diskussion verweisen die Autoren und Autorinnen der aktuellen Studie allerdings abschließend darauf, dass ihr 125 Millionen Jahre altes Fossil ganz klar nicht einzig und allein als „Stein“ definiert werden könne: „Dieser Körper ist noch nicht zu 100 Prozent versteinert. Stattdessen beinhaltet dieses Exemplar Überreste organischer Moleküle. Es ist jetzt an weiteren Analysen genau herauszuarbeiten, um welche Moleküle es sich hier handelt und ob sie auch biologische Informationen und Überreste von DNA beinhalten.“




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Recherchequelle: Nature

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