Ahmedabad (Indien) – Eine neue Studie zeigt, dass gewöhnliche Hefe – eine der am besten untersuchten Mikroorganismen der Erde – selbst unter den extremen Bedingungen des Mars überdauern kann. Die Ergebnisse liefern wertvolle Einblicke, wie Leben mit den harschen Umweltbedingungen des Roten Planeten umgehen könnte und welche biologischen Mechanismen dabei eine Rolle spielen.

Copyright: Mogana Das Murtey and Patchamuthu Ramasamy (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 3.0
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Wie das Forscherteam um Purusharth I. Rajyaguru von der Universität Ahmedabad aktuell im Fachjournal „PNAS Nexus“ (DOI: 10.1093/pnasnexus/pgaf300) berichtet, untersuchten sie die Reaktion der Backhefe Saccharomyces cerevisiae auf zwei zentrale Stressfaktoren, die auch auf dem Mars vorherrschen: Schockwellen durch Meteoriteneinschläge und hochreaktive Perchlorate, also Salze, die in großen Mengen im Boden der Marsoberfläche vorkommen.
Mars-ähnliche Bedingungen im Labor
Um die extremen Belastungen realistisch zu simulieren, nutzte das Team den sogenannten High-Intensity Shock Tube for Astrochemistry (HISTA) am Physical Research Laboratory in Ahmedabad. Diese Anlage kann Stoßwellen erzeugen, wie sie bei Meteoriteneinschlägen auf dem Mars entstehen.
Dabei wurde die Hefe Schockwellen mit einer Intensität von Mach 5,6 ausgesetzt, was der mehr als dem Fünffachen der Schallgeschwindigkeit entspricht. Trotz dieser massiven Belastung überlebten die Zellen, auch wenn ihr Wachstum deutlich verlangsamt war.
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Im nächsten Schritt wurden die Hefezellen zusätzlich mit Natriumperchlorat (NaClO₄) behandelt, einem Salz, das in ähnlicher Konzentration auch in der Marsoberfläche vorkommt. Auch hier überlebte die Hefe – selbst dann, wenn beide Stressfaktoren kombiniert auftraten.
Zelluläre Schutzmechanismen aktiviert
Die Forschenden beobachteten, dass die Hefe in beiden Fällen spezielle ribonukleoproteinbasierte Kondensate (RNP-Kondensate) bildete – Strukturen aus RNA und Proteinen, die bei vielen Organismen, einschließlich des Menschen, eine zentrale Rolle bei der Stressabwehr spielen.
Zu diesen Kondensaten gehören sogenannte „Stressgranula“ und „P-Körper“. Sie entstehen, wenn Zellen unter Druck geraten, etwa durch Hitze, Strahlung oder chemische Belastung und dienen dazu, empfindliche RNA-Moleküle vor Abbau zu schützen. Sobald die Stresssituation endet, lösen sich diese Strukturen wieder auf.
In den Experimenten zeigten sich deutliche Unterschiede in der Art der gebildeten Kondensate:
– Schockwellen lösten die Bildung sowohl von Stressgranula als auch von P-Körpern aus.
– Perchlorate hingegen führten ausschließlich zur Bildung von P-Körpern.
Besonders interessant: Mutanten der Hefe, die keine RNP-Kondensate bilden konnten, überlebten die Mars-ähnlichen Bedingungen deutlich schlechter. Das deutet darauf hin, dass diese Strukturen eine entscheidende Rolle beim Überleben unter extremen Umweltbedingungen spielen.
Molekulare Reaktionen auf „Mars-Stress“
Zusätzlich führten die Forschenden Transkriptom-Analysen durch, also Untersuchungen, welche Gene unter den Stressbedingungen aktiv oder gehemmt waren. Dabei zeigte sich, dass Mars-ähnliche Bedingungen eine ganze Reihe spezifischer RNA-Transkripte beeinflussen. Diese Veränderungen könnten den Zellen helfen, ihre Stoffwechselprozesse anzupassen und kritische Funktionen aufrechtzuerhalten.
„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von RNP-Kondensaten für die Stressresistenz von Zellen – nicht nur bei Hefe, sondern möglicherweise auch bei anderen Lebensformen“, berichten die Autoren.
Bedeutung für die Astrobiologie
Die Studie ist mehr als nur ein Experiment mit einem Alltagsmikroorganismus: Sie liefert konkrete Hinweise darauf, welche biologischen Mechanismen Leben auf dem Mars schützen könnten – sollte es dort existieren oder jemals existiert haben.
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Recherchequelle: PNAS Nexus
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