Einige Marsböden könnten Beweise einstigen Lebens bereits zerstört haben

Geschrieben am 23.07.2021
von Andreas Müller

Lesezeit: ca. 3 Minuten Mountain View (USA) – Eine Entdeckung des NASA-Rovers “Curiosity” im Mars-Krater Gale stellt die Aussichten in Frage, mit Analysen der mobilen Laboreinheit selbst dann heute noch Spuren einstigen Lebens entdecken zu können, wenn diese einst vorhanden waren. Wie das für die Analysen des CheMin-Instruments an Bord des Rovers verantwortliche Team um Tom Bristow vom Ames […]Lesezeit: ca. 3 Minuten
Der Blick auf einen gleichmäßig geschichteten Gesteinsaufbruch im Gale-Krater spricht für typische Sedimentablagerungen eines einstigen Seebettes an jenem Ort, an dem Wasser in den See einfloss. Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Der Blick auf einen gleichmäßig geschichteten Gesteinsaufbruch im Gale-Krater spricht für typische Sedimentablagerungen eines einstigen Seebettes an jenem Ort, an dem Wasser in den See einfloss.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Mountain View (USA) – Eine Entdeckung des NASA-Rovers “Curiosity” im Mars-Krater Gale stellt die Aussichten in Frage, mit Analysen der mobilen Laboreinheit selbst dann heute noch Spuren einstigen Lebens entdecken zu können, wenn diese einst vorhanden waren.

Wie das für die Analysen des CheMin-Instruments an Bord des Rovers verantwortliche Team um Tom Bristow vom Ames Research Center der NASA aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.abg5449) berichtet, haben die Forschenden zwei von „Curiosity“ an verschiedenen Orten im Gale-Krater entnommene Bodenproben ausgewertet und die Ergebnisse miteinander verglichen. Das Innere des Kraters war vor Milliarden Jahren mit einem See salzhaltigen Wassers gefüllt, der mit der Veränderung des planetaren Klimas des Mars nach und nach austrocknete.

Die Bodenanalysen zeigen nun, dass während dieses Austrocknungsvorgangs an einigen Orten stark salzhaltiges Wasser durch Risse am Kraterboden sickerte und so die an Tonmineralien reichen Schichten darunter teilweise stark veränderte. Auf diese Weise könnte es sein, dass der Marsuntergrund an einigen Orten Spuren einstigen Lebens erhalten, an anderen aber ebenso auch zerstört haben könnte.

„Lange Zeit sind wir davon ausgegangen, dass die Tonmineralien, die sich am Grund des Sees nach und nach in Schichten abgelagert haben, die damaligen Umstände in idealer Weise erhalten haben“, erläutert Bistow und führt dazu weiter aus: „Nun sehen wir aber, wie später absickerndes stark salzhaltiges Wasser (Sole) genau diese Tonmineralschichten an einigen Orten derart verändert haben könnte, dass sie die eigentlich zu erwartenden geologischen Aufzeichnungen regelrecht auf Null zurückgesetzt wurden.“

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Die Erkenntnis der NASA-Forschenden beruht auf den unterschiedlichen Werten der beiden untersuchten Proben, die an Orten entnommen wurden, die rund einen 500 Meter voneinander entfernt lagen. Zur Überraschung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fehlten an einem der Probeorte etwa die Hälfte erwarteten Tonminieralien. Stattdessen fand sich hier Lehmgestein, das reich an Eisenoxid war – jene Mineralien also, die dem Mars seine charakteristische rote Färbung verleihen. Da aber beide Lehmgesteinsproben etwa gleich alt waren, stellte sich die Frage nach einer Erklärung für die deutlich unterschiedliche Zusammensetzung.

„Mineralien sind wie eine Art Zeitkapsel“, so die Forschenden. „Sie bewahren eine Art Aufzeichnungen der Umgebungen zu jener Zeit, als sie entstanden. Tonmineralien sind Beweis dafür, dass der Boden und das Gestein, in dem sie gefunden werden, einst mit Wasser in Berührung gekommen war. Da wir von der Erde wissen, wie bestimmte Mineralien entstehen, wissen wir auch, was ihr Vorhandensein etwa darüber sagt, wie salzig oder säurehaltig das Wasser auf dem frühen Mars war, das sie entstehen ließ.“

Frühere Analysen hatten bereits gezeigt, dass der Gale-Krater nicht nur immer wieder mit Seen gefüllt war, sondern dass sich Wasser auch in Form von Grundwasser unter der Oberfläche bewegte und also auch hier und auf diese Weise Chemikalien transportierte und löste. Nachdem diese Chemikalien dann abgelagert und vergraben wurden, erlebten einige Taschen aus Lehmgestein unterschiedliche Bedingungen und Vorgänge aufgrund der Wechselwirkung mit diesen Gewässern, die dann auch ihre Mineralogie veränderte.

Das charakteristische Netzwerk aus Rissen in der als „Old Sokaer“ bezeichneten Felsplatte in Glae-Krater spricht dafür, dass diese sich in Folge der Austrocknung einer Schlammschicht vor mehr als 3 Milliarden Jahren gebildet hatte. Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Das charakteristische Netzwerk aus Rissen in der als „Old Sokaer“ bezeichneten Felsplatte in Glae-Krater spricht dafür, dass diese sich in Folge der Austrocknung einer Schlammschicht vor mehr als 3 Milliarden Jahren gebildet hatte.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS

Dieser als „Diagenese” bezeichnete Prozess kompliziert die Frage nach geologischen Aufzeichnungen an einem Ort, weil er die früheren Aufzeichnungen regelrecht löscht und sozusagen mit neuen überschreibt“, so die NASA-Forscher. „Auf der Erde führte dieser Prozess tatsächlich zur Entstehung einiger einzigartiger Lebensräume für Mikroben, sogenannten Tiefenbiosphären. Hierbei handelt es sich um exzellente Orte für die Suche nach Spuren urzeitlichen Lebens und einstiger lebensfreundlicher Bedingungen“, kommentiert John Grotzinger, vom CheMin-team der NASA am California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena.

Da Diagenese zwar frühere Spuren von Leben im einstigen Kratersee selbst ausgelöscht, zugleich aber auch lebensfreundliche Bedingungen im Untergrund erzeugt haben könnte, könne der Nachweis dieser Prozesse ebenso ein gutes wie ein schlechtes Zeichen für die Suche nach Spuren einstigen Marslebens sein.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es auf dem Mars Orte gibt, an denen sich Beweise einstigen oder sogar heute noch vorhandenen Lebens erhalten haben können und andere, an denen dies weniger wahrscheinlichbis unwahrscheinlich ist“, erläutert Ashwin Vasavada vom Curiosity-Team des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA abschließend. „Das Gute ist, wir finden beide Arten von Orten nahe beieinander im Gale-Krater und können die Mineralogie dazu nutzen, um zu erkennen, welche wir vor uns haben.“




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Recherchequelle: NASA

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