Washington (USA) – „Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war.“ So berichtet es der Apostel Matthäus in seiner Version der Weihnachtsgeschichte. Bis heute haben sich schon viele Generationen von Theologen, Historikern und Astronomen darum bemüht, diesen „Stern von Bethlehem“ zu identifizieren. Eine aktuelle astronomische Studie stützt nun eine alte Theorie mit neuen Daten.
Quelle: grewi.de (mit KI erstellt)
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Während die einen Planetenkonstellationen von Jupiter und Saturn oder Sternenexplosionen (Supernovae) oder gar Horoskope als Erklärung für den biblischen Stern sehen, vermuten andere – nicht zuletzt wegen des ikonografischen Schweifs – dass es sich um einen damals sichtbaren Kometen gehandelt haben muss. Doch um welchen Schweifstern genau, war weiterhin nicht zuletzt deshalb umstritten, weil bislang kein bekanntes Himmelsobjekt die Bewegungsbeschreibungen der biblischen Überlieferung nachvollziehen konnte. Besonders problematisch war die Schilderung, dass der Stern scheinbar seinen Weg „voranging“ und dann „stillstand“ – etwas, das nach den bekannten Gesetzen der Himmelsmechanik für gewöhnliche Himmelsobjekte nicht möglich ist.
In seiner aktuell im „Journal of the British Astronomical Association“ (DOI: 10.64150/193njt) veröffentlichten Studie, bietet der NASA-Astronom Mark Matney nun erstmals einen physikalisch begründeten Kandidaten für das jahrtausendealte Rätsel des „Sterns von Bethlehem“ und untersucht, ob ein real beobachteter Komet im Jahr 5 v. Chr. genau jenes Himmelereignis sein könnte, was im Matthäus-Evangelium beschrieben wird: ein heller „Stern“, der „vor den drei Weisen aus dem Morgenland herging und über dem Ort stehen blieb“, an dem das Jesuskind gefunden.
Astronomisches Objekt deckt sich erstmals mit biblischen Merkmalen
Matneys Ansatz greift auf historische Beobachtungen eines Kometen zurück, der in chinesischen Chroniken aus dem Frühling des Jahres 5 v. Chr. aufgezeichnet wurde. Diese Aufzeichnungen beschreiben ein helles, lang sichtbares Himmelsobjekt über mehr als 70 Tage, was klassische Kometen-Beobachtungen entspricht. Matney, dessen Expertise in der Berechnung und Modellierung von Orbitaldaten liegt, nutzte diese historischen Beobachtungen als Ausgangspunkt für moderne numerische Simulationen. Ziel war es, mögliche Bahnen des Himmelskörpers rückwirkend zu bestimmen, die sowohl mit den antiken Beschreibungen als auch mit der bekannten Chronologie zur Zeit Herodes des Großen und dem überlieferten Besuch der drei Sternkundigen vereinbar sind.
Quelle: Mark Matney
Der entscheidende Punkt seiner Analyse ist, dass eine bestimmte orbitalen Rekonstruktion es dem Kometen tatsächlich ermöglicht haben könnte, der Erde ungewöhnlich nahezukommen. So nahe, dass seine scheinbare Ost-West-Bewegung am Himmel für einige Stunden durch den Effekt der Erdrotation ausgeglichen wurde. Astronomen sprechen in solchen Fällen von einer „temporären geosynchronen“ Bewegung: Für einen Beobachter am Boden würde das Objekt plötzlich vor dem Hintergrund des Himmels stehen bleiben und nicht wie üblich weiterziehen. Genau eine solche Bewegung würde der Schilderung im Matthäus-Evangelium entsprechen, wonach der Stern zunächst vor den Weisen herging und dann über dem Zielort „stand“.
Verbindung von Beobachtung und biblischer Erzählung
Matneys Studie betont, dass dieser Komet kein gewöhnlicher Himmelskörper gewesen sein muss, sondern ein Objekt, dessen Bahn ungewöhnlich stark der Erde nahekam – in astronomischen Maßstäben vielleicht so nah wie der Mond. Diese Nähe würde nicht nur für das erstaunliche Bewegungsmuster sorgen, sondern den Kometen auch tagsüber sichtbar gemacht haben können. Ein derart helles Objekt, das selbst bei Tageslicht auffällig gewesen wäre, könnte somit durchaus den Eindruck erweckt haben, ein außergewöhnliches Zeichen am Himmel zu sein.
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Damit ist dieser Komet – laut Matney – der erste astronomische Kandidat, der nicht nur die zeitliche und räumliche Chronologie eines solchermaßen sichtbaren Objekts erfüllt, sondern auch die ungewöhnlichen Beobachtungsmerkmale des „Sterns“ im biblischen Text. Dies unterscheidet seine Erklärung von früheren Theorien, wie etwa der Planetenkonjunktion oder möglichen Novae, die zwar ebenfalls kurzzeitig auffällig sein können, aber die beschriebenen Bewegungsmuster nicht erklären.
Damit geht die Studie geht über die rein astronomische Diskussion hinaus und betrachtet auch, wie antike Beobachter wie die drei Magi, die als astrologisch gebildete Weisen aus dem Osten gelten, Himmelsereignisse interpretierten. In der späten Antike wurden Kometen oft als wichtige Omina verstanden – Zeichen für bedeutende irdische Ereignisse wie Geburten, Kriege oder den Aufstieg von Königen. Ein außergewöhnlich heller, über Wochen sichtbarer Komet könnte deshalb in den damaligen kulturellen Kontext hinein als Hinweis auf ein bedeutendes Ereignis gedeutet worden sein.
Noch keine finale Lösung des Rätsels
Matney selbst betont, dass seine Arbeit keine definitive Identifikation des historischen „Sterns“ darstellt. Die antiken Quellen sind fragmentarisch, und die verwendeten Aufzeichnungen enthalten naturgemäß Unsicherheiten. Dennoch liefere diese Arbeit erstmals eine konkrete astronomische Hypothese, die sowohl physikalisch nachvollziehbar als auch zeitlich und beobachtungsmäßig konsistent ist. Sie bietet damit einen wissenschaftlichen Rahmen, der mehr ist als bloße Spekulation.
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Recherchequelle: Britastro.org
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