Forscher präsentieren neues Konzept für Warp-Antrieb

Geschrieben am 10.12.2025
von Andreas Müller

Houston (USA) – Während der sogenannte Warp-Antrieb den meisten vermutlich nur aus Star Trek bekannt sein dürfte, sind einige Physiker schon seit Jahrzehnten auf der Suche nach tatsächlichen Ansätzen für das Reisen mit Licht- bzw. Überlichtgeschwindigkeit. Ein US-Forscher hat nun ein neues theoretisches Konzept vorgestellt.

Eine klassische Warp-Blase (l.) erscheint als glatte, kugelförmige Struktur. Das neue Design (r.) teilt die Energie dagegen in mehrere getrennte, zylinderförmige Röhren auf, die an kleine Antriebsgondeln mit verjüngten Enden erinnern. Dadurch lässt sich gezielt steuern, wo und wie die Energie eingesetzt wird, statt sie in einem einzigen großen, diffusen Ring zu bündeln Quelle/Copyright: White et al., Classical and Quantum Gravity, 2025.

Wie das Team um den ehemaligen NASA-Physiker und -Raumfahrtingenieur Harold „Sonny“ White aktuell im Fachjournal „Classical and Quantum Gravity“ (DOI: 10.1088/1361-6382/ae237a) erläutert, basiert sein neues theoretisches Warp-Drive-Modell statt auf einem geschlossenen Energiering, wie er in bisherigen Konzepten zur Verzerrung der Raum-Zeit angedacht wurde, auf einer segmentierten Geometrie aus zylinderförmigen Energiekanälen. Mittels mehrerer getrennte „Warp-Nacelles“ soll der neue Ansatz technisch kontrollierbarer und potenziell sicherer sein.

Sci-Fi trifft auf Physik

Die Grundlagen des Warp-Antriebs gehen auf das Jahr 1994 zurück, als der mexikanische Physiker Miguel Alcubierre erstmals ein mathematisch konsistentes Modell für Überlichtgeschwindigkeit innerhalb der Allgemeinen Relativitätstheorie vorlegte. Sein Konzept sieht vor, den Raum vor einem Raumschiff zu stauchen und hinter ihm wieder auszudehnen, sodass sich das Objekt selbst lokal nicht schneller als Licht bewegt. Statt also das Raumschiff zu bewegen, wird der Raum um das Raumschoff herum geführt. Der Preis dafür ist jedoch extrem hoch: Das Modell erfordert sogenannte exotische Materie mit negativer Energiedichte sowie enorme, bis auf Weiteres mit uns bekannten Methoden nicht erreichbare Energiemengen.

White, der lange Zeit als einziger Forscher offiziell für die NASA an Warp-Konzepten gearbeitet hat, reduzierte in früheren Arbeiten bereits die nötigen Energiemengen rechnerisch erheblich. Nun geht er einen Schritt weiter und verändert die geometrische Struktur der erzeugten Warp-Blase (die das Schiff umgeben würde) selbst. In der neuen Studie, wird der klassische, glatte Warp-Ring durch mehrere getrennte, zylinderförmige Energiekanäle ersetzt.

Diese sogenannten Warp-Nacelles sind um die eigentliche Warp-Blase angeordnet und sollen gezielt dort Raumkrümmung erzeugen, wo sie benötigt wird. Das Innere der Blase bleibt laut Modell vollständig flach. Damit würden gravitative Nebenwirkungen wie extreme Gezeitenkräfte, Zeitdilatation oder zerstörerische Beschleunigungen an der Blasengrenze vermieden, führt White aus und spricht von einer „inneren-flachen“ Geometrie, die den Innenraum der Blase für eine Besatzung physikalisch stabil halten soll.

Antriebsgondeln, wie die Enterprise

Interessant ist dabei die auffällige Ähnlichkeit zur Science-Fiction. White räumt offen ein, dass die neue Architektur stark an die Warp-Gondeln der USS Enterprise erinnert – „allerdings nicht aus ästhetischen Gründen, sondern weil sich diese Bauform mathematisch aus den physikalischen Anforderungen ergibt“. Schon frühere Überlegungen hatten gezeigt, dass zwei benachbarte Warp-Ringe eine längliche, kapselartige Blase erzeugen können. Die neue Arbeit führt dieses Prinzip konsequent weiter.

Mathematisch basiert das Modell auf der sogenannten ADM-3+1-Formulierung, einem Standardwerkzeug der numerischen Relativitätstheorie. Dabei wird die Raum-Zeit in dreidimensionale Raumscheiben und eine Zeitdimension zerlegt. Diese Darstellung erlaubt es, Parameter wie Zeitverlauf, Raumströmung und Krümmung getrennt zu steuern. Für White ist das entscheidend, weil sich die Warp-Blase damit erstmals wie ein technisches System behandeln lasse, ein System mit einstellbaren Funktionen statt einer starren Gesamtstruktur.

Klassische Vorstellung eines ringförmigen Warp-Schiffes (Illu.).
Copyright: Limitless Space Institute

Das ursprüngliche Alcubierre-Modell leidet unter mehreren gravierenden Problemen: Neben den gigantischen Energiemengen entstehen extrem steile Raumzeit-Gradienten an der Blasengrenze. Diese könnten Teilchen auf zerstörerische Energien beschleunigen und so das Raumschiff selbst gefährden. Die segmentierte Nacellen-Struktur soll diese Effekte entschärfen, indem die Krümmung gleichmäßiger verteilt und lokal begrenzt wird.

White betont, dass auch sein neuer Ansatz keine neue Physik voraussetze. „Die gesamte Konstruktion bleibt innerhalb der Allgemeinen Relativitätstheorie.“ Die offene Baustelle bleibt jedoch die exotische Materie: Negative Energiedichten sind bislang nur in winzigen Quanteneffekten nachgewiesen, etwa im Casimir-Effekt. Eine makroskopische Erzeugung oder Kontrolle ist bislang reinste Theorie.

Bereits 2021 hatte Whites Team ein mikroskopisches Warp-Blasen-Analogon berechnet, das jedoch keinerlei praktischen Antrieb ermöglichte. Die neue Arbeit geht wieder auf klassische Raum-Zeit-Geometrie zurück und zielt auf prinzipiell skalierbare Strukturen. Ob daraus jemals ein funktionsfähiger Antrieb entsteht, lässt White offen. Zeitprognosen lehnt der visionäre Forscher ab: „Der Warp-Antrieb ist noch immer ein Forschungsfeld im Anfangsstadium.“

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Recherchequelle: Classical and Quantum Gravity

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