Rost könnte Mars-Leben nachweisen

Geschrieben am 03.12.2025
von Andreas Müller

Tübingen (Deutschland) – Eisenoxid ist eines der häufigsten Elemente im Sonnensystem und hat dem Mars seine rote Oberflächenfarbe verliehen. Eine neue Studie zeigt zudem auf, wie dieser „Rost“ auch zu einem Nachweis für außerirdisches Leben genutzt werden kann.

Ein Elektronenmikroskop zeigt Proben aus der eisenreichen Silbergrube „Segen Gottes“ im Schwarzwald. In Laborversuchen liefern Infrarotspektren der Eisen-oxidierenden Bakterienart Acidovorax sp. BoFeN1 klare Signale organischer Gruppen. Solche Mikroben können auffällige organo-mineralische Strukturen bilden – etwa gedrehte Stiele oder Hüllen. Diese bestehen aus wenig kristallinen Fe(III)-Oxyhydroxiden und Polysacchariden und dienen dazu, die Zellen vor Verkapselung zu schützen und sie an die optimale Grenze zwischen Sauerstoff und Fe(II) zu positionieren. Die organische Komponente verändert die Eigenschaften der Minerale und unterscheidet sie deutlich von rein geologisch entstandenen Eisenablagerungen.
Copyright/Quelle: L. Tenelanda-Osorio et al., Earth-Science Reviews 2025

Wie das Team um Laura Tenelanda-Osorio von der Universität Tübingen aktuell im Fachjournal „Earth-Science Reviews“ (DOI: 10.1016/j.earscirev.2025.105318) berichtet, haben irdische Mikroorganismen eine erstaunliche Vielfalt an Stoffwechselwegen entwickelt, um aus Eisen bzw. Eisenoxid Energie zu gewinnen. Manche Bakterien oxidieren zweiwertiges Eisen zu dreiwertigem und gewinnen daraus Energie. Andere nutzen umgekehrt dreiwertiges Eisen als Elektronenakzeptor, ähnlich wie Menschen Sauerstoff nutzen.

Doch stehen diese Prozesse nicht isoliert im Raum. Sie verknüpfen den Eisenkreislauf eng mit Kohlenstoff- und Stickstoffumsetzungen, treiben CO2-Fixierung an, bauen organisches Material ab oder koppeln sich sogar an Formen der Photosynthese. Das Ergebnis sind charakteristische, mineralische Nebenprodukte: biogene Eisen-Oxyhydroxid-Minerale.

Fingerabdrücke im Gestein

Laut der Forschungsgruppe hinterlassen eisenmetabolisierende Mikroben deutlich erkennbare Strukturen. Dazu zählen gedrehte Stiele, röhrenartige Hüllen oder filamentartige Netzwerke aus Eisenmineralen, oft durchmischt mit organischem Material. Diese Strukturen entstehen, während die Bakterien aktiv Eisen umsetzen und die Mineralien ausfallen.

Der entscheidende Punkt: Diese Spuren sind extrem langlebig. Sie können über sehr lange geologische Zeiträume hinweg erhalten bleiben. Bestenfalls sogar über Milliarden Jahre hinweg. Tatsächlich sind sie auf der Erde fast überall dort zu finden, wo Wasser und eisenhaltiges Gestein aufeinandertreffen: Etwa in hydrothermalen Tiefseequellen, in neutralen Süßwasserquellen, in Böden, in sauren Bergwerkswässern. Denn: Wo Eisen und Wasser sind, entstehen meist auch Lebensräume für entsprechende Mikroben.

Eisenoxidierende Bakterien in Oberflächengewässern.
Quelle: NH Estuaries Project

Auch auf dem Mars?

Der Mars ist buchstäblich ein rostiger Planet. Der rötliche Staub und viele der Gesteine dort bestehen aus oxidiertem Eisen. Zudem ist gut belegt, dass der Mars in seiner frühen Geschichte flüssiges Wasser besaß. Laut den Messergebnissen verschiedener Rover- und Orbiter-Missionen gibt es zudem reichlich eisenreiche Sedimente, die einst Lebensräume auf dem Mars gewesen sein könnten.

Sollte dort früher mikrobielles Leben existiert haben, wäre Eisenmetabolismus also eine naheliegende Energiequelle. Und genau die mineralisierten Strukturen solcher Mikroben könnten noch heute in alten Sedimentschichten erhalten sein. Das macht Eisen-Biosignaturen ideal für zukünftige Rover- und Bohrmissionen – vorausgesetzt, die Instrumente können die typischen mikrobiellen Muster von rein geologischen Eisenablagerungen unterscheiden.

Chancen auch in den Ozeanen der Eismonde

Auch die Ozeane unter dem Eis von Europa und Enceladus kommen für die Suche nach diesen Strukturen infrage. Europas unterirdischer Ozeandürfte Kontakt zum felsigen Meeresboden haben – dort könnten also Wasser-Gestein-Reaktionen gelöstes Eisen freisetzen. Enceladus wiederum speit durch geysirartige Fontänen nicht nur ins All, sondern lagern dieses Material auch auf der Oberfläche ab. Sondenmissionen könnten diese Partikel einsammeln und auf biogene Eisenminerale untersuchen könnten.

Hierzu müssten künftige Missionen jedoch gezielt mit Instrumenten ausgerüstet werden, die nicht nur Eisen erkennen, sondern auch die spezifischen Texturen, Strukturen und chemischen Signaturen, die eindeutig auf biologische Prozesse zurückgehen.

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Sollten Wissenschaftler auf dem Mars oder einem Eismond tatsächlich biogene Eisenstrukturen entdecken, wäre das dann weit mehr als ein eindeutiger Lebensnachweis. Es würde zeigen, dass die grundlegende Chemie, die Teile der irdischen Biosphäre trägt, auch anderswo im Sonnensystem funktioniert. Eisenbasierte Stoffwechselwege wären damit kein Zufall der Erde, sondern ein universelles Prinzip, das Leben auch an anderen Orten antreiben kann.

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Recherchequelle: Earth-Science Reviews

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