Unterirdischer Mars-See: Vermutlich doch kein Wasser

Geschrieben am 28.11.2025
von Andreas Müller

Tucson (USA) – 2018 sorgten Radarmessungen der ESA-Sonde HHH für eine wissenschaftliche Sensation – legten diese doch einen unterirdischen See bzw. Tümpel flüssigen Wassers am Südpol des Roten Planeten nahe (…GreWi berichtete). Neue Radarmessungen der NASA stellen dies nun infrage.

2018 zeigten Radarmessungen der ESA-Sonde „Mars Express“ helle Signale im Untergrund des Mars-Südpols, deren Eigenschaften am ehesten auf Tümpel, Teiche und Seen flüssigen Wassers hindeuten.
Copyright: ESA/NASA/JPL/ASI/Univ. Rome; R. Orosei et al 2018

Wie die NASA berichtet, hat ein verbessertes Radarsystem an Bord der NASA-Sonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ (MRO) die Struktur unter der südlichen Polkappe des Mars erneut ins Visier genommen. Anhand der im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2025GL118537) veröffentlichten Daten kommen die SHARAD-Radarforscher Gareth Morgan und Than Putzig vom Planetary Science Institute zu dem Schluss, dass es sich nicht um ein Wasserreservoir, sondern um eine Schicht aus Gestein und Staub handelt. Zugleich liefert das Verfahren künftig sehr viel präzisere Untersuchungen von Mars-Untergründen.

Rollmanöver für bessere Sicht in den Mars-Untergrund

Für die neuen Untersuchungen nutzten die Forschenden eine besondere Manövertechnik des Mars-Orbiters, um das Radarsignal deutlich zu verstärken. Dazu wird die Sonde um 120 Grad auf die Seite gedreht, sodass das Radar direkt auf die Oberfläche blicken kann. Die Antenne sitzt am hinteren Ende der Sonde und ist im Normalbetrieb teilweise abgeschattet – ein technisches Detail, das bisherige Messungen begrenzt hat.

Erst durch diese extremen Rollmanöver gelang es dem Team, das Radarsignal tief genug in das über 1.500 Meter mächtige Eis eindringen zu lassen. Am 26. Mai registrierte SHARAD schließlich ein Echo aus jener Region, die europäische Sonde „Mars Express“ 2018 mit einem auffallend hellen Signal markiert hatte. Ein solch heller Rückstrahl gilt normalerweise als Indiz für flüssiges Wasser, da dieses Radar sehr stark reflektiert.

Das neue Ergebnis hingegen ist eher ernüchternd: SHARAD empfing lediglich ein schwaches Echo – und auch ein weiteres Rollmanöver über einem direkt benachbarten Gebiet zeigte gar nichts Auffälliges. Die eindeutige, starke Reflexion aus den ESA-Daten bleibt damit ein Sonderfall, der sich physikalisch nur schwer erklären lässt, wenn dort tatsächlich Wasser liegen sollte.

Daten passen nicht zu einem See

„Wir beobachten diesen Bereich seit fast 20 Jahren, ohne je einen Hinweis aus solchen Tiefen zu erhalten. Erst jetzt konnten wir so tief blicken. Und das Signal passt nicht mehr zu einem See“, so Putzig.

Ganz neu sind die Zweifel an der Existenz des Mars-Sees jedoch nicht. Nachdem schon kurz nach der Erstentdeckung weitere und ähnliche Signale gefunden wurden (…GreWi berichtete), bezweifelte eine Studie von Planetenwissenschaftlern der University of Texas die Deutung der Daten als See (…GreWi berichtete) – eine Debatte, die bis heute andauert (…GreWi berichtete).

Die Forscher betonen, dass ihre Daten die Debatte zwar nicht abschließend klären, die See-Hypothese aber kaum noch haltbar erscheint. „Die Entdeckungsidee war inspirierend und hat viele kluge Arbeiten ausgelöst. Aber diese neuen Daten machen es sehr schwer, weiterhin von einem Wasserkörper auszugehen“, so Morgan.

Alternative Deutungen in andauernder Debatte

Stattdessen hält das Team alternative Erklärungen für plausibler: Der Südpol des Mars ist von Eis über einer stark zerklüfteten, vernarbten Landschaft bedeckt. Die meisten Radaraufnahmen zeigen steile Höhenunterschiede. Ein ungewöhnlich glatter Untergrund, beispielsweise ein erkalteter Lavastrom, könnte ein kräftiges Radarecho hervorrufen, ohne dass Wasser im Spiel ist.

Trotz der für die Existenz für eines Mars-Sees ernüchternden Nachricht, sehen die Forschenden in der neuen Technik jedoch ein Werkzeug, das weit über diesen Einzelfall hinaus relevante Erkenntnisse liefern kann. Besonders interessiert sie die Region „Medusae Fossae“ in Äquatornähe – ein riesiges, geologisch rätselhaftes Gebiet. Die stark Radar-absorbierenden Schichten gelten wahlweise als vulkanische Ascheablagerungen oder als potenziell eisreiche Sedimente.

Falls sich dort tatsächlich Eis verbirgt, wäre das ein strategisch wichtiger Ort für zukünftige bemannte Missionen: deutlich wärmer als die Pole, leichter zugänglich und reich an Wasserressourcen.

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Recherchequelle: NASA

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