Austin (USA) – Das US-amerikanischen Biotechnologieunzernehmen „Colossal Biosciences“ ist federführend um die Wiederbelebung ausgestorbener Arten (De-Extinktion) mithilfe der Gentechnologie bemüht. Nach Erfolgen auf dem Weg zur Wiederbelebung von Arten wie dem Tasmanischen Tiger, dem Wollhaarmammut der Schreckenswölfe (Canis dirus) vermeldet das Unternehmen nun mehrere entscheidende Fortschritte auf dem Weg zur Wiederbelebung des flugunfähigen Dodos.
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Wie Colossal berichtet, gelang es den Forschenden erstmals, Keimbahnzellen von Tauben im Labor über längere Zeit zu kultivieren – ein zentraler Schritt, um genetische Veränderungen auch bei Vögeln an künftige Generationen weiterzugeben.
Das Unternehmen bezeichnet diesen Erfolg als Meilenstein: Bislang war die Kultivierung sogenannter primordialer Keimzellen (PGCs) nur bei Hühnern und Gänsen möglich. Die neue Methode erweitert die Möglichkeiten der Genom-Editierung nun auf Tauben – und öffne damit den Weg auch für eine Rückkehr des Dodos, der vor fast 300 Jahren auf Mauritius ausgerottet wurde.
„Unsere Entdeckung, wie sich Tauben-Keimzellen dauerhaft kultivieren lassen, ist die Grundlage für die Arbeit am Dodo“, erklärte Anna Keyte, Leiterin des Colossal-Avian-Teams. Über 300 Kombinationen von Wachstumsfaktoren seien getestet worden, bis die Zellen stabil wuchsen und sich wie natürliche Keimzellen verhielten.
Milliardenbewertung und Ausbau der Forschung
Parallel zum wissenschaftlichen Fortschritt hat Colossal auch eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von 120 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Damit steigt das bisherige Kapital auf rund 555 Millionen Dollar bei einer Unternehmensbewertung von über 10 Milliarden. Die Gelder fließen in den Ausbau der „Avian Genetics Group“ sowie in Infrastruktur für weitere De-Extinktionsprojekte wie den neuseeländischen Moa (…GreWi berichtete).
Das Team hat inzwischen eine Kolonie genetisch veränderter Hühner aufgebaut, die als „Ersatz-Eltern“ für Tauben und künftig für Dodo-verwandte Arten dienen sollen. Da Vögel nicht wie Säugetiere geklont werden können, ist diese Technik entscheidend: Keimzellen von Tauben oder ihren Verwandten werden in Hühnerembryonen eingesetzt, sodass diese später Spermien oder Eier mit den gewünschten Genveränderungen bilden.
Zusätzlich arbeitet Colossal mit dem Nikobarpapagei, dem nächsten lebenden Verwandten des Dodos: Dessen Genom dient als Ausgangsbasis, um die Unterschiede zum Dodo herauszuarbeiten und gezielt genetisch zu verändern. Erste Zelllinien und Keimzellen dieser Art konnten bereits etabliert werden.
Neue Genom-Daten für die Dodo-Forschung
Um die genetischen Besonderheiten des Dodos besser zu verstehen, hat das Unternehmen hochwertige Referenzgenome weiterer verwandter Arten sequenziert, darunter den stark bedrohten Zahnlaubschnabel (der auch als „kleiner Dodo“ bekannt ist) sowie den ausgestorbenen Rodrigues-Solitär. Diese Daten sollen helfen, jene DNA-Bereiche zu identifizieren, die den Dodo von seinen Verwandten unterschieden, etwa beim Körperbau oder der Flugunfähigkeit.
„Das neue Genom des Rodrigues-Solitärs liefert Einblicke in die Unterschiede dieser Vögel und zeigt, welche DNA-Sequenzen den Dodo einzigartig machten“, erklärt der Paläontologe Julian Hume vom Natural History Museum in London, das die Proben beigesteuert hat.
Darüber hinaus haben die Forscher ein neues, hochauflösendes Genom des Nikobarpapageis veröffentlicht, das nun frei zugänglich ist.
Quelle: colossal.com/
Mauritius Dodo Advisory Committee gegründet
Neben der reinen Genetik betont Colossal auch die kulturelle Dimension des Projekts. Auf Mauritius, der Heimat des Dodos, wurde das „Mauritius Dodo Advisory Committee“ (MDAC) gegründet. Das Gremium aus Wissenschaftlern, Kulturschaffenden und Politikern soll die Arbeiten begleiten und ein mögliches „Wiederansiedlungsprogramm“ mitgestalten.
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Den Vorsitz hat die Biotechnologin Devina Lobine, die betonte, es gehe nicht nur um Wissenschaft, sondern auch darum, das kulturelle Erbe der Insel zu bewahren: „Die Wiederkehr des Dodos ist ein Symbol für Naturschutz und für die Bedeutung, die Artenvielfalt in unserer Zukunft spielt.“
Bedeutung über den Dodo hinaus
Die Fortschritte bei der Kultivierung von Keimzellen haben nicht nur für das Dodo-Projekt Relevanz. Laut Colossal eröffnen sie auch neue Möglichkeiten im Artenschutz lebender, aber bedrohten Arten. So könnten genetische Engpässe etwa bei der Mauritius-Rosa-Taube behoben oder Krankheitsresistenzen gezielt eingeführt werden.
„Diese Technologie ist ein transformatives Werkzeug für den Vogelschutz“, erklärte Beth Shapiro, Chief Science Officer von Colossal. „Sie ermöglicht Biobanking, genetische Rettung und den gezielten Aufbau verlorener Vielfalt.“
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Recherchequelle: Colossal
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