Weitere Studie bestätigt: Früheste Menschen-Spuren in Amerika stammen aus der letzten Eiszeit

Geschrieben am 19.06.2025
von Andreas Müller

White Sands (USA) – Schon seit Jahren sorgten menschliche Fußspuren im White Sands Nationalpark im US-Bundesstaat New Mexico für wissenschaftliche Kontroversen über das Alter der frühesten Beweise für die Anwesenheit von Menschen auf dem amerikanischen Kontinent. Eine neue Studie hat nun einen weiteren Beweis für ein Alter der Spuren von mehr als 20.000 Jahren erbracht.

Die Fußabdrücke von White Sands sind das bislang älteste Zeugnis menschlicher Aktivität auf den amerikanischen Kontinenten.
Quelle: Cornell University

Wie das Team um Vance T. Holliday von der University of Arizona aktuell im Fachjournal „Science Advances“ (DOI: 10.1126/sciadv.adv495) berichtet, stützt die Studie damit frühere Datierungen, die die Spuren in die Zeit der letzten Eiszeit datieren und stellen damit althergebrachte Annahmen über die Besiedlung des amerikanischen Kontinents fundamental infrage.

Die Fußabdrücke wurden in ehemaligen Bachläufen am Rand prähistorischer Seen entdeckt, die das heutige Gebiet von White Sands einst bedeckten. Wind und Erosion haben große Teile dieser urzeitlichen Landschaft mittlerweile zerstört, die erhaltenen Spuren lagen unter mehreren Metern Gips begraben – zurückgelassen von frühen Jägern und Sammlern während der letzten Eiszeit.

Debatte um Datierung

Die Fußabdrücke, die eindeutig von Menschen stammen, wurden 2019 in alten Ton- und Gipsablagerungen von Forschenden der Bournemouth University und des US National Park Service freigelegt und 2021 erstmals wissenschaftlich publiziert. Schon damalige Radiokarbon-Datierungen von Pflanzenresten im Boden hatten damals ein Alter zwischen 21.000 und 23.000 Jahren nahegelegt –gut 10.000 Jahre älter als die bisher ältesten bekannten menschlichen Spuren der sogenannten Clovis-Kultur in Nordamerika (…GreWi berichtete).

Doch schon damals stießen die damaligen Ergebnisse jedoch auf Skepsis: Kritiker bemängelten, dass die verwendeten Pflanzen- und Pollenproben als Datierungsgrundlage zu unsicher seien.

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Die nun veröffentlichte neue und unabhängige Untersuchung konzentrierter sich nun statt auf organischer Pflanzenreste direkt auf den Tonboden selbst, in dem sich die Fußabdrücke erhalten haben. Das Ergebnis: Der Ton ist zwischen 20.700 und 22.400 Jahre alt – und bestätigt damit das frühere Zeitfenster eindrucksvoll.

„Die neuen Ergebnisse passen exakt zu den früheren Daten“, so Holliday. „Inzwischen liegen uns 55 konsistente Radiokarbondaten vor – von drei verschiedenen Labors, mit drei verschiedenen Materialien. Das lässt sich kaum mehr wegdiskutieren.“

Geschichte der Besiedlung Amerikas muss neu geschrieben werden

Rätselhaft bleibt jedoch die Frage, warum bislang keinerlei Artefakte wie Werkzeuge oder Siedlungsreste in direktem Zusammenhang mit den Fußspuren gefunden wurden? Holliday und Kollegen zeigen Verständnis für diese Kritik, verweist jedoch auf das Verhalten nomadischer Gruppen: „Diese Menschen haben nichts zurückgelassen, weil sie ihre Ausrüstung dringend brauchten. Sie hätten nichts unnötig verloren.“

Die neue Untersuchung stärkt nicht nur die These einer deutlich früheren Besiedlung Amerikas und wirft zentrale Fragen zur bisherigen Lehrmeinung auf. „Es ist ein eigenartiges Gefühl, direkt vor diesen Fußabdrücken zu stehen“, sagt Jason Windingstad, Ko-Autor der Studie. „Alles, was man über die Besiedlung Nordamerikas gelernt hat, wird dadurch infrage gestellt.“

Erst im vergangenen Februar hatte ein Forscherteam aus Bournemouth ebenfalls im White Sand Nationalpark neben menschlichen Fußspuren auch Schleifspuren entdeckt, die sie für das Ergebnis von Stangenschleifen (Travois) halten, die zum Lastentransport verwendet wurden (…GreWi berichtete).

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Recherchequellen: University of Arizona, Science Advances

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